Zurück

Automatikgetriebe: Unaufhaltsamer Vormarsch

Stirbt das Schaltgetriebe aus? Experten halten dies für nicht unwahrscheinlich - nicht nur, wenn das autonome Fahren irgendwann Realität wird.

 ©Goslar Institut

Ein lange und vielfach augenscheinlich auch sehr gern ausgefochtener Glaubenskrieg scheint sich dem Ende zuzuneigen – zumindest wenn man vielen Auto-Experten glauben will. Denn nach ihrer Einschätzung wird das „gute alte“ Schaltgetriebe in naher Zukunft „aussterben“. Warum? Weil autonome Fahrzeuge und solche mit Elektroantrieb besser mit Automatikgetrieben harmonieren. Der Abschied vom lieb gewonnenen Schaltknüppel wird einigen so genannten sportlichen Fahrern möglicherweise schwerfallen. Aber hat der alte „Schalter“ denn wirklich noch Vorteile im Vergleich mit einem modernen Automatikauto?

Spätestens im innerstädtischen Stop-and-go-Verkehr während der Rushhour oder im Stau kommen daran Zweifel auf. Denn eine Automatik kann dabei ihren Komforttrumpf voll ausspielen – im Gegensatz zu den vielen Kuppel- und Schaltvorgängen, die beim ständigen Anfahren und Abbremsen nötig sind. In solchen Situationen können selbst eingefleischte Schaltfans ins Grübeln geraten. Zumal ihnen inzwischen auch das Argument des sportlicheren Fahrens im Auto mit Schaltgetriebe weitgehend abhandengekommen ist. Nicht umsonst werden einige Sportwagen fast nur noch mit automatisierten Schaltungen verkauft bzw. angeboten.

Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die modernen Automaten weitgehend frei sind von den Nachteilen ihrer Vorfahren: Heute liegen die Verbrauchswerte von Autos mit manuellen und denen mit selbst schaltenden Getrieben nahezu gleichauf. Das alte Ressentiment, dass Automatikgetriebe Spritfresser seien, ist laut ADAC überholt – und war es früher schon teilweise, denn sie sind in der Regel darauf ausgelegt, möglichst schnell in einen Sprit sparenden Gang zu wechseln und die Drehzahl möglichst stets im optimalen Bereich zu halten.

Auch die Kritik an den zum Teil langen Schaltpausen beim Gangwechsel früherer Getriebe hat heute keine Berechtigung mehr – im Gegenteil: Einige automatische Getriebe schalten inzwischen schneller als es die meisten Autofahrer vermögen. So vollziehen moderne Getriebe mit Doppelkupplung Schaltvorgänge besonders zügig. Dadurch erweisen sie sich beim Beschleunigen auch für sportliche Fahrer als vorteilhaft und annehmbar. Und auch eine zeitgemäße Wandlerautomatik erledigt die Schaltvorgänge erheblich schneller als früher und inzwischen auch ohne auffällige Schaltpausen.

Dennoch sind Automatikfahrer europaweit gesehen immer noch in der Minderzahl – obwohl der Marktanteil dieser Getriebe in den zurückliegenden Jahren stetig zugenommen hat. Jüngsten Erhebungen zufolge sollen in der EU noch 68 Prozent der Autofahrer mit einer Handschaltung unterwegs sein. In den USA und Asien hingegen ziehen die Kunden schon länger die Bequemlichkeit einer Automatik dem Schaltknüppel vor. So sind knapp drei Viertel aller US-Pkw mit automatischen Getrieben ausgestattet.

Doch auch hierzulande und in den europäischen Nachbarstaaten dürfte der technische Fortschritt die Fahrzeuge mit Schaltgetriebe zunehmend in die Defensive drängen. Bei Hybrid-, Elektro- und autonom fahrenden Autos mache ein Schaltgetriebe keinen Sinn mehr, argumentieren Experten. Sie verweisen hierbei darauf, dass schon jetzt viele Fahrassistenten – wie etwa Abstandstempomat oder Stauassistent – ihre Vorteile erst in Kombination mit einem Automatikgetriebe voll ausspielen können. Und ein Elektromotor braucht erst gar keine Schaltung, weil er linear hochdreht.

Somit dürfte nicht nur das Plus an Komfort auf Dauer dem Automatikgetriebe zum Vorteil reichen. Der Trend in diese Richtung wird schon heute deutlich: Längst werden nicht mehr nur wie früher überwiegend Automodelle des hochpreisigen Segments mit Automatik angeboten. In Fahrzeugen der Mittelklasse sowie Kleinwagen wenden sich die Kunden gleichfalls immer häufiger vom Schalter ab, denn die können längst auch nicht mehr mit einem deutlichen Preisvorteil punkten.

ampnet/jri