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Defensives Fahren muss nicht immer sicher sein

Manche Autofahrer lassen es sehr langsam angehen, geben gern mal anderen die Vorfahrt, obwohl eigentlich sie dran sind. Das kann gefährlich sein.

 ©Goslar Institut

Die Regel ist so einfach wie einleuchtend: Defensives Fahren sorgt für Sicherheit und hilft, Unfälle zu verhindern, offensives Fahren birgt Unsicherheit und Gefahr. Doch ist das tatsächlich immer so? Wer allzu ängstlich und zögerlich unterwegs ist, kann auch andere Verkehrsteilnehmer verwirren und so erst gefährliche Situationen verursachen.

Grundsätzlich gilt: Defensives Fahren ist ein wesentlicher Beitrag, um Unfälle im Straßenverkehr zu vermeiden und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Deshalb macht Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) deutlich: Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen vermeidbar, behindert oder belästigt wird. Daraus folgt, dass jeder, der dieser Forderung nicht nachkommt, gegen die StVO verstößt. Insofern ist damit schon die Pflicht zu defensivem Fahren verankert, in dem umsichtiges und vorausschauendes Verhalten am Steuer gefordert ist. Sie bedeutet auch, dass man im Zweifel nicht auf einem Recht, wie etwa der Vorfahrt, besteht, um gegebenenfalls eine knifflige Situation zu entschärfen.

Allerdings heißt defensives Fahren nicht, grundsätzlich auf seine Rechte zu verzichten und anderen immer den Vortritt zu lassen. Wer beispielsweise an einer Kreuzung oder Einmündung besonders aufmerksam fährt, etwa indem er oder sie versucht, mögliches Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer zu antizipieren, fährt defensiv. Das Gegenteil davon ist ein Autofahrer, der versucht, sich irgendwie vorzudrängen oder rücksichtslos in den Verkehr hineinzuquetschen und dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gar gefährdet. Der defensive Fahrer hingegen verzichtet möglicherweise auf seine Vorfahrt, um einer riskanten Situation vorzubeugen. Wer jedoch ständig seine Vorfahrt nicht wahrnimmt, kann durch sein Verhalten andere irritieren, mit der Konsequenz, dass auf diese Weise erst gefährliche Situationen heraufbeschworen werden. Schließlich kann ja nicht davon ausgegangen werden, dass andere Automobilisten damit rechnen, dass übervorsichtige Autofahrer generell auf ihre Vorfahrt verzichten – geschweige denn ist nachzuvollziehen, warum der Fahrer oder die Fahrerin so handelt.

Kurz gesagt: Defensives Fahren verringert Unfallrisiken für alle am Straßenverkehr Beteiligten und kann wesentlich dazu beitragen, selbst entspannter von A nach B zu gelangen. Wer sich jedoch am Steuer unberechenbar übervorsichtig verhält, indem er die von der StVO eingeräumte Vorrechte nicht nachvollziehbar wahrnimmt, trägt mehr zur Verwirrung anderer Verkehrsteilnehmer bei und beschwört so unnötigerweise Unfallrisiken herauf. Immer auf seinen Vortritt zu verzichten, kann somit unterm Strich mehr Probleme verursachen, als seine Rechte achtsam und mit Übersicht wahrzunehmen.

aum