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Für Camper mit Handicap: Barrierefreie Freizeitfahrzeuge

Bislang war es schwierig für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, auf Campingurlaub zu gehen. Doch die Zahl der Anbieter, die spezielle Umbauten für Personen mit Handicap entwickeln, nimmt inzwischen zu.

Von Paravan behindertengerecht umgebauter Morelo auf der CMT 2024.

 ©Paravan

Bislang war es eher schwierig für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, auf Campingurlaub zu gehen. Dabei sind die Sanitäranlagen auf den Campingplätzen heute weitgehend barrierefrei. Doch auch die Zahl der Anbieter, die spezielle Umbauten für Personen mit Handicap entwickeln, nimmt inzwischen zu. Ein Patentrezept gibt es nicht, viele der Reisemobile und Wohnwagen werden daher ganz speziell an die individuelen Bedürfnisse Käufers angepasst.

Lösungen gibt es daher viele. Egal ob rollstuhlgerechte Lift- und Rampensysteme, eine Türverbreiterung oder ein barrierefreier Innenraum mit angepasstem Sanitärbereich, die Mobilitätstüftler der Umbauspezialisten sind kaum um eine maßgeschneiderte Hilfestellung verlegen. Paravan etwa hat sich auf die optimale und individuelle Lösung für das Beschwerdebild des Campers mit eingeschränkter Mobilität spezialisiert. Auch die Anpassung der Eingabegeräte, wie die Ausstattung des Fahrzeuges mit passenden Fahr- und Lenksystemen mit Pedal-Erhöhungen oder Handknauf, sind möglich.

„Die Anfragen mehren sich“, sagt Joachim Glück, Leiter der technischen Beratung des in Pfronstetten und Aichelau auf der Schwäbischen Alb ansässigen Unternehmens, das für seine Lösungen im Pkw-Bereich bekannt ist. „Das Bedürfnis unabhängig reisen zu können ist groß und wir haben die Erfahrungen und die Möglichkeiten, um Lösungsansätze zu bieten und diese vor Ort umzusetzen.“ Er und sein Team begleiten die Kunden vom Erstkontakt bis zur Auslieferung. Umbaumaßnahmen können dabei marken- und modellunabhängig vorgenommen werden.

Reisemobil von Morelo mit barrierefreiem Paravan-Umbau auf der Stuttgarter CMT 2024.

 ©Michael Kirchberger

Der Einstieg in ein Wohnmobil oder einen Caravan ist in der Regel höher als bei einem Personenwagen. Diese Hürde können Rollstuhlfahrer mit einem Kassettenlift und einer Türverbreiterung überwinden. Für Menschen mit Bewegungseinschränkungen, die Schwierigkeiten beim Einstieg haben, aber noch kurze Strecken zu Fuß zurücklegen können, ist der Trittbrett-Standlift die richtige Lösung. Er ist platzsparend im Innenraum eingebaut und lässt sich mit wenigen Handgriffen in die Einstiegs- oder Ausstiegsposition schwenken. Eine Fernbedienung aktiviert die Hubfunktion.

Beim Camper von Doris Frey beispielsweise ging es um eine Pedal- sowie um ein eine Polstererhöhung für den Fahrersitz. Damit ist die nur 1,38 Meter große Verwaltungsfachangestellte in der Lage, das Lenkrad sicher zu erreichen. Sie ist mit ihrem Lebensgefährten auf Europareise gegangen. Mittlerweile haben sie mehr als 15.000 Kilometer mit ihrem Wohnmobil zurückgelegt und Europa von Norden nach Süden sowie von Osten nach Westen durchquert. „Wir hatten wunderbare Erlebnisse mit Campern aus der ganzen Welt und vor allem mit den Einheimischen“, erzählt Doris Frey.

Bei schwereren Einschränkungen und großen Reisemobilen bauen die Monteure bei Paravan ein Schienenliftsystem unterhalb der Decke ein, das die Nutzung der Dusche und der Toilette erleichtert. So lassen sich auch die Hindernisse auch von Menschen mit erheblicher Mobilitätseinschränkungen überwinden. Eine Preisangabe will man bei Paravan nicht machen. Es handele sich schließlich um reine Manufakturarbeit und keine Serienproduktion, heißt es. Gleichwohl reicht die Spanne von etwa 5000 Euro für einfache Hilfen wie Pedal- und Sitzerhöhung bis zu mehreren 10.000 Euro für Komplettlösungen im integrierten Liner, dessen Anschaffung ohnehin schon im satt sechsstelligen Bereich siedelt.

Ein weiterer Spezialist hat vor allem Wohnwagen im Fokus. Der Handelsbetrieb Caravan Brecht in Heilbronn bietet unter anderem zwei Grundrisse der Marke Hobby an. Die Inhaberin des Unternehmens, Manuela Brecht, ist Mitglied im Deutschen Caravaning Handelsverband und kooperiert bei den Umbauten eng mit Hobby. Viele der notwendigen Umbauten des Innenraums erledigt der Hersteller bereits im Werk in Fockbek. Die Feinarbeit und der Einbau einer Auffahrrampe für den Rollstuhl beispielsweise, die sich bei Nichtgebrauch unter den Wagenboden schieben lässt, wird dann beim Modell Maxia 585 UL-R in Heilbronn für 5100 bis 11.000 Euro erledigt.

Paravan hat für Camperin Doris Frey ein an ihre Bedürfnisse angepasstes Wohnmobil umgebaut.

 ©Paravan

Gegen Aufpreis gibt es außerdem eine elektrische Winde, die den Rollstuhl samt seinem Nutzer über die schiefe Ebene zieht. Erhältlich sind obendrein ein Rangiersystem und hydraulische Automatikstützen, die es auch einem Menschen im Rollstuhl ermöglicht, den Wohnanhänger an- oder abzukuppeln und ihn auf dem Stellplatz zu positionieren.

Zu den werksseitigen Vorbereitungen gehören etwa die Verbreiterung der Eingangstür um 20 auf 75 Zentimeter und die dafür notwendige Kürzung der rechten Sitzbank. Außerdem wird der Caravan ohne Abschlusswand des Toilettenraums geliefert. Für Privatsphäre sorgt stattdessen ein Vorhang. Dank der Breite des Maxia von zweieinhalb Metern bleibt zwischen den beiden Einzelbetten im Heck genügend Manövrierraum für einen Rollstuhl.

Manuela Brecht bedient jedoch nicht nur Hobby-Kunden mit Behinderung. Bei Fendt eignen sich weitere sieben Grundrisse für einen barrierefreien Umbau. Und selbst für Kastenwagen bietet der Heilbronner Händler Lösungen an, die Campen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität möglich macht.

Michael Kirchberger cen