Haus der Geschichte: Geliebt, gebraucht und gehasst
Unter dem Titel „Geliebt. Gebraucht. Gehasst. Die Deutschen und ihre Autos“ zeigt Haus der Geschichte an der Museumsmeile in Bonn eine elf Monate dauernde Sonderausstellung.
Damit würdigt eines der meistbesuchten Museen in Deutschland die Entwicklung des fahrbaren Untersatzes vom Aufstieg aus der Asche nach dem Zweiten Weltkrieg über positive wie negative Highlights der vergangenen 70 Jahre bis heute. Kaum ein zweites Produkt unserer Zeit strahlt eine ähnliche Faszination aus wie das Automobil. Aber über kaum ein anderes wird auch derart erbittert gestritten. Werbe- und Marketingstrategen investieren Millionen, um ihr Angebot emotional aufzuladen. Umweltbelastung, verstopfte Autobahnen und Innenstädte verderben zunehmend die Freude am Fahren. Aber das Auto ist und bleibt auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Hunderttausende Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von der Autoindustrie ab.
Während die Dauerausstellung vom 13. März bis Mitte Dezember 2017 wegen Sanierungsarbeiten geschlossen bleibt, zeigt das Museum bis zum 21. Januar 2018 die Sonderschau. Fahrzeuge, die selbst Geschichte machten, wie zum Beispiel ein Mercedes-Benz 600 Pullman und der Kult-Manta aus dem Film „Manta, Manta“. Dazu machen Objekte, Medienstationen, Plakate, Fotos und Dokumente die Faszination des Autos deutlich. Die Ausstellung mit rund 800 Exponaten beschreibt die soziale und kulturelle Bedeutung des Automobils vor dem Hintergrund wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen.
Seit seinen Anfängen ermöglicht das Auto Individualität und Unabhängigkeit. Mit zunehmender Motorisierung nutzte eine immer größere Zahl von Verkehrsteilnehmern das Auto für den Weg zum Arbeitsplatz oder zu Ausflügen und Urlaubsreisen. Autowerbung, Popsongs und Filme knüpfen an die Versprechen von „Freiheit und Abenteuer“ an. Gleichzeitig spiegelte das Auto Sozialstatus und Einkommensunterschiede wider. Autos waren Männersache – zumindest zu Beginn der Massenmotorisierung Anfang der 1960er-Jahre. Doch mit der Emanzipation stieg der Anteil der Autofahrerinnen, die Autoindustrie entdeckte die Käuferinnen. Spärlich bekleidete Models, die sich auf Kühlerhauben räkeln, verschwanden aus den Prospekten und bei Messepräsentationen.
Autos waren auch stets ein Mittel der politischen Kommunikation. Die Wahl der Staatskarosse signalisierte über alle politischen Systeme hinweg den Status des Politikers. In Ministerien und Ämtern spiegelt die Größe des Autos immer noch die Hierarchie innerhalb der Institution. Nach ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag 1983 setzen die Grünen mit ihren Dienstfahrrädern einen öffentlichkeitswirksamen Akzent. Inzwischen ist die Euphorie der automobilen Anfangsjahre weitgehend verschwunden. In den Städten findet die Idee des Carsharings zunehmend Anhänger, während die Menschen in ländlichen Bereichen auf Autos angewiesen bleiben. Die Entwicklung schadstoffarmer Elektroautos ist ein Thema auf den großen Automobilmessen. Auf den Straßen testet die Industrie selbstfahrende Autos, während die Digitalisierung und Vernetzung des Automobils mit anderen Lebensbereichen fortschreitet.
All diesen Punkten widmet sich die Ausstellung, deren Besuch nicht nur deshalb lohnt, weil er kostenlos ist. Geöffnet ist dienstags bis freitags von 9 bis 19 Uhr sowie Sonnabend und Sonntag von 10 bis 18 Uhr.