Knaus setzt verstärkt auf Crafter-Bruder von MAN
Der Traditionshersteller Knaus bietet künftig verstärkt Reisemobile auf Basis des mit dem VW Crafter baugleichen MAN TGE an. Ein Überblick über die neuen Modelle von Knaus.
Wie sollte es anders sein – die Geschäfte laufen blendend beim Traditionshersteller Knaus. Zusammen mit den Tochtermarken Weinsberg, Tabbert und der Luxusschmiede Morelo haben die 3500 Mitarbeiter an vier Standorten im vergangenen Jahr 11.000 Reisemobile und 7000 Wohnwagen gebaut. Der Umsatz ist auf 795 Millionen Euro gestiegen und die seit Sommer 2020 an der Börse gehandelte Aktie des Unternehmens hat um 16 Prozent an Wert zugelegt. Die Händler haben bereits die gesamte Produktion bis ins nächste Jahr hinein gekauft.
Die Kapazität könnte jedoch gesteigert werden, allein im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Knaus-Tabbert AG, so die offizielle Firmierung, 660 neue Mitarbeiter eingestellt, einige Bereiche der Fertigung arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb. Zusätzliche Erweiterungen stehen an und sie müssen auch sein. Denn bis 2026 will der Konzern alle seine Rahmendaten, also Fertigung und Umsatz, schlicht verdoppeln. Auch neue Modelle sollen den Absatz ankurbeln. Dabei setzt Knaus verstärkt auf den mit dem VW Crafter baugleichen MAN TGE als Basisfahrzeug und schafft so eine Alternative zum Fiat Ducato.
Der MAN ist zwar als teilintegrierter Van TI Vansation 640 MEG mit einem Preis von 68.399 Euro gut 10.000 Euro teurer als der Fiat, fährt aber wesentlich angenehmer, hat mehr Assistenzoptionen und kann auf ein europaweites Servicenetz von 1200 Stationen zurückgreifen. Auch bei den Kastenwagen wird der TGE eingesetzt. Der Boxdrive 680 ME mit halbhohem Dach hat Einzelbetten im Heck, der Boxdrive 600 XL mit kürzerem Radstand bietet dank des erhöhten Daches zwei weitere Schlafplätze im Hochbett. Den Allradantrieb gibt es bei MAN als Option für 2000 Euro Aufpreis, 2,4 Tonnen Anhängelast sind dann möglich. Außerdem ist der TGE in Verbindung mit einem Tiefrahmenchassis um vier Zentimeter niedriger als der Ducato.
Bei den vollintegrierten Mobilen geht der Sun I 700 LEG als kleinerer Bruder des 900 auch als Dreiachser an den Start. Die Highlights des rund sieben Meter langen Mobils auf Fiat-Basis sind ein 177-Liter-Kühlschrank, ein komfortables Raumbad mit Echtglas-Runddusche, das Hubbett vorne, die neue Fahrerhaustür und die serienmäßige Alde-Warmwasserheizung.
Eine Nummer kleiner ist der integrierte Van I mit neuer Frontpartie und LED-Tagfahrlicht. Er soll mit sechs Metern Länge die Handlichkeit eines Kompaktmobils mit dem Raumkomfort eines Integrierten verbinden. Wie auch der wiederrum teilintegrierte Sky TI Platinum Selection, gewinnt er zehn Zentimeter an Innenraumlänge dank des so genannten „FoldXpand“-Heckteils, das die Leuchten-Einheiten integriert und die Heckwand so zurückgesetzt werden kann.
Bei den Wohnwagen hat Knaus die Baureihen Sport und Südwind komplett erneuert, auch hier wird das Fold-Xpand-Heck eingebaut. Als Option gibt es eine Lithium-Batterie, die den Energievorrat vergrößert und das Gewicht senkt. Mehr als 30 Grundrisse sind zu haben, einige Versionen gibt es auf Wunsch als E-Power-Variante, bei denen Gas als Energieträger verbannt wird. Das Induktionskochfeld, der Kompressor-Kühlschrank und die Klimaanlage werden mit elektrischem Strom betrieben. Vorstand Gerd Adamietzki meint, Gas verschwinde in absehbarer Zeit aus den Caravans. Hierdurch ließen sich gut 100 Kilogramm Gewicht einsparen. Die Absicherung der Stromversorgung auf den Campingplätzen würde allmählich von 6 auf 12 Ah steigen. Unerwähnt lässt der Marketing- und Vertriebschef von Knaus-Tabbert jedoch, dass Wintercamping damit nicht mehr möglich wäre, weil es noch keine entsprechend starken E-Heizungen bzw. Absicherungen gibt.
Bei der preisgünstigeren Marke Weinsberg debütiert der Carahome 650 DG mit dem Fiat Ducato als Chassis. Das Alkovenmobil ist für sechs Camper ausgelegt, die alle einen Schlaf- und während der Fahrt einen gurtbewehrten Sitzplatz finden. Dank des Superleichtbaus bleibt der 650 DG unter der 3,5-Tonnen-Grenze und ermöglicht immer noch stattliche 580 Kilogramm Zuladung.
Für den Caravan-Salon in Düsseldorf kündigt Knaus-Tabbert ein in Kooperation mit der HWA AG entwickelten Prototyp eines elektrisch angetriebenen Reisemobils an. Die 35 kWh große Batterie versorgt zwei elektrische Nabenmotoren an den Vorderrädern und erlaubt eine Reichweite von 90 Kilometern. Diese steigert ein Wankelmotor, der einen Hochvolt-Generator antreibt und so den Akku während der Fahrt nachlädt. Der Prototyp basiert noch auf einem umgebauten Serienchassis, später soll es durch eine Eigenkonstruktion ersetzt werden.
Auch der Caravan wird elektrisch. Strombetriebene Achsmotoren sollen ihn insbesondere für die Kombination mit Elektro-Autos fit machen. Noch gibt es keine Homologationsvorschriften für Anhänger dieser Bauart, sie sollen in den kommenden Jahren mit Versuchsfahrzeugen erarbeitet werden.
Für das Kennenlern-Camping hat Knaus-Tabbert die unternehmenseigene Vermietkette Rent and Travel im Angebot, die mehr als 2200 Mobile, 420 Buchungsagenturen und 180 Mietstationen zählt. Wer nicht insgesamt wenigstens sechs Wochen Freizeit im Camper verbringt, ist ohnehin mit Mietmobilen besser beraten. Vor allem lohnt der Urlaub im Leihfahrzeug, wenn die Praxistauglichkeit des Traummodells vor einer Anschaffung getestet werden soll.