Landstraßen sollen sicherer werden
Ein allgemeines Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen, Reizthema vor und nach dem Wahlkampf, scheint in einer neuen Regierung nicht kompromissfähig zu sein. Wenn es um mehr Verkehrssicherheit geht, hätte jede Koalition viel wichtigere Aufgaben. Beispielsweise für mehr Sicherheit auf Landstraßen zu sorgen. Denn mehr als die Hälfte der Getöteten im Straßenverkehr kommt durch Unfälle auf Landstraßen ums Leben. 2020 waren das 1.592 Personen und damit 58,6 Prozent aller Verkehrstoten in Deutschland.
Wie groß des Risiko Landstraße ist, wird daran deutlich: 24,9% (= 65.850) aller Unfälle mit Personenschaden passierten dort. Dabei wurden 22.852 Menschen schwer verletzt, das sind 39,4 % aller im Straßenverkehr schwer verletzten Menschen.
Für 2022 plant der Deutsche Verkehrssicherheitsrat gemeinsam mit den gesetzlichen Unfallversicherungen eine bundesweite Kampagne. Dabei stehen Unfälle mit einem entgegenkommenden Fahrzeug Fokus. 2020 gab es 487 Tote. Die nicht angepasste Geschwindigkeit ist die Hauptunfallursache, gefolgt von zu geringem Abstand. Folgenschwer sind auch die Fehler beim Überholen.
Nach wie vor gefährlich sind Hindernisse jenseits der Fahrbahn. Obwohl nur bei etwa 2,2 % (5.883) aller 264.499 Unfälle mit Personenschaden das Fahrzeug gegen einen Baum prallte, kamen dabei 15 % (=409 Tote) aller im Jahr 2020 im Straßenverkehr getöteten
Menschen ums Leben.
Der Anprall an einen Baum mit einer auf Landstraßen üblichen Geschwindigkeit ist unter den überhaupt denkbaren Unfallkonstellationen eine der folgenschwersten“, sagt Peter Rücker, Leiter der DEKRA-Unfallforschung. „Die Kraft der Kollision wirkt auf einer sehr kleinen Fläche und setzt enorme Energie frei. Ein Baumanprall mit 80 km/h ist auch in modernsten Fahrzeugen kaum zu überleben.“
Gerade wenn Bäume in regelmäßigem Abstand dicht neben der Straße stehen, kann schon ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit tödlich sein. „Wenn jemand von der Straße abkommt, weicht die Fahrtrichtung ja meist nur um wenige Grad vom Straßenverlauf ab“, so der DEKRA-Experte. „In dieser Konstellation wirkt eine Baumreihe wie eine Wand – die Wahrscheinlichkeit einer Kollision liegt nahe 100 Prozent.“ Anders ausgedrückt: Eine Allee verzeiht keine Fehler.
Überholvorgänge auf Landstraßen können wegen der hohen Geschwindigkeiten und der fehlenden Trennung vom Gegenverkehr besonders riskant sein – und sie enden häufig tödlich. Ein hoher Anteil von Überholunfällen erfolgt bei zu geringer Sichtweite. Trotzdem gaben bei der Umfrage 90 Prozent an, dass sie die notwendige Entfernung für einen sicheren Überholvorgang auf einer Landstraße richtig einschätzen können. Forsa hatte im Juni diesen Jahres 2001 Menschen befragt, von denen 90 Prozent regelmäßig ein- oder mehrmals im Monat auf Landstraßen unterwegs sind. Fast die Hälfte gaben an, bereits mindestens einmal in eine kritische Situation mit dem Gegenverkehr gekommen zu sein.
Die Flächenländer haben ein hohes Risiko.
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