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Nach Jahren des Booms: Campingbranche erwartet schwieriges Jahr

Die Caravaning-Branche wächst seit Jahren. Corona hat den Trend noch beschleunigt. Eine Umfrage unter Händlern bringt nun unerwartete Ergebnisse zutage.

 ©Roadsurfer

Seit fast zehn Jahren kennt die Entwicklung des Caravaning-Marktes nur eine Richtung und die führt steilt nach oben. Doch befürchtet der Handel nun eine Eintrübung, die sich 2022 einstellen könnte. Dies ergab eine Befragung von 100 Caravan-Händlern in Deutschland die das Marktforschungsinstitut Miios und die Unternehmensberatung GSR in diesem Frühjahr vorgenommen hat. Die bisherige Prognose eines Gesamtumsatzes von 16 Milliarden Euro wurde dabei leicht nach unten korrigiert.

Dennoch hat der Markt weiteres Potenzial, immerhin haben vorhergehende Untersuchungen bei rund 20 Millionen Menschen in Deutschland eine deutliche Affinität zum Caravaning ermittelt, viele von ihnen haben Kaufabsichten oder wollen zumindest ein Reisemobil oder einen Wohnwagen im Urlaub mieten.

Vor allem Logistik-Schwierigkeiten könnten der Erfolgskurve einen Knick verpassen. Zwar zeigt sich der Handel aktuell zufrieden bis sehr zufrieden, 80 Prozent geben diese Bewertung für die Reisemobile und 71 für die Caravans an. Für dieses Jahr allerdings rechnen 40 Prozent der Händler mit einem Rückgang der Verkäufe um mehr als zehn Prozent. Störungen der Lieferketten haben den Nachschub für die Hersteller reduziert, Material ist knapp und so stehen viele Reisemobile unfertig auf den Warteplätzen. Es fehlt nach wie vor an Einrichtungsgegenständen wie Kühlschränken und Kassettentoiletten. Auch Fenster sind knapp, den Zulieferern fehlt das Granulat, um die Scheiben und Rahmen zu produzieren. Vor allem die Basisfahrzeuge können nicht geliefert werden. Der Chipmangel verhindert, dass Marken wie Fiat, VW und andere die Wohnmobilbauer ausreichend beliefern können. Wer Bestellungen erfüllen kann, ist klar im Vorteil. So erlebt der Ford Transit dank seiner Verfügbarkeit eine Renaissance auf dem Wohnmobilmarkt.

84 Prozent der Händlerschaft beklagen die zu langen Lieferzeiten, teilweise müssen Kunden länger als zwölf Monate auf ihr neues Reisemobil warten. Vor allem Vans und ausgebaute Kastenwagen sind davon betroffen, da sie zu den am meisten nachgefragten Kategorien zählen und mehr als die Hälfte aller Neuzulassungen ausmachen. Aber auch steigende Preise schrecken Kunden ab. Ein Kastenwagen, der vor zwei Jahren für 50.000 Euro offeriert wurde, kostet heute gut 10.000 Euro mehr. 32 Prozent der Händler rechnen deswegen mit einem Rückgang der Verkäufe. Auch die Kosten für Energie steigen. Nicht nur Flaschengas, das in vielen Mobilen als Brennstoff für Heizung und Herd dient, sondern auch der Treibstoff für die Motoren haben sich erheblich verteuert. Weitere 26 Prozent der Händler sehen deswegen zumindest die Gefahr eines Rückgangs.

Dramatisch unterdessen die Verfügbarkeit von gebrauchten Fahrzeugen. Fast die Hälfte der Befragten beklagt das Fehlen von Reisemobilen und Wohnwagen aus zweiter Hand. Die Gebrauchten erzielen daher Spitzenpreise auf dem Markt, da nur wenige Eigentümer verkaufen, weil sie wegen unsicherer Entwicklungen eine Neuanschaffung verschieben. Auch die zukünftige Rolle der Elektromobilität ist sowohl für Reisemobile als auch für Caravan-Gespanne noch unsicher. Erste dahingehenden Versuche wurden zwar bereits unternommen, allerdings verzögert sich die Marktreife urlaubstauglicher elektrischer Antriebe weiter. Für manch einen Interessenten ist dies ein weiter Grund, mit einem Neukauf zu warten.

Im Vermietgeschäft herrscht dagegen mehr Optimismus. 27 Prozent der Vermieter erwarten, dass die Nachfrage um zwölf bis 15 Prozent zunehmen werde. Die Hälfte bis zwei Drittel aller Mieter bleibt dem Caravaning treu und erwägt letztlich auch die Anschaffung eines eigenen Freizeitfahrzeugs. Langfristig rechnen die Handelspartner deswegen zu 35 Prozent mit einer erneuten Steigerung der Zulassungszahlen.

Michael Kirchberger aum