Nochmals Härte gezeigt
Gewaltiger Schlussakkord im parlamentarischen Hupkonzert: Raser, Rüpel und Renitente unter den Autofahrern sollen mit zum Teil drastisch erhöhten und sogar neuen Strafen zur Raison und Gesetzestreue gezwungen werden. Zwei Tage vor der Bundestagswahl hat der Bundesrat mehreren Verordnungen zugestimmt, mit denen die Politik riskantes Verhalten am Steuer – und auch am Lenker – reduzieren will. Schon in wenigen Tagen könnten die Vorschriften Rechtskraft erlangen.
Die wohl gravierendste Gesetzesänderung betrifft die illegalen Autorennen, - und zwar von der Planung über die Veranstaltung bis zu Teilnahme. Hier drohen bis zu zehn Jahre Haft, wenn dabei jemand verletzt oder gar getötet wurde. Bislang wurde lediglich die Teilnahme mit 400 Euro und einem Punkt sanktioniert. Neuerdings riskiert jemand die Beschlagnahme seines Fahrzeugs, wenn er auch nur versucht, ein solches Rennen zu organisieren. Schlagzeilen hatte ein Urteil des Landgerichts Berlin gemacht, mit dem zwei Raser wegen Mordes verurteilt wurden. Am Rande ihres Rennens kam ein 69 Jahre alter Mann als Unbeteiligter ums Leben.
Beifall von den Clubs
Einhelliges Lob für die Neuregelungen kommt von Autoversicherern, allen voran der Allianz, die mit einer Studie solche Gefahren dokumentiert hatte. Beifall auch vom ADAC und ACE, von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Seit Jahren haben sie in vielen Publikationen die Gefährlichkeit solcher Situationen dargestellt und zur Vernunft gemahnt. Zugleich haben vor allem die Autoclubs auch immer wieder gefordert, dass die fest installierten Geräte einfacher zu bedienen und vor allem zu erkennen sind, um unnötig lange Blicke und damit eine lange Ablenkung von der Straße zu minimieren. VW-Bulli hat mehrfach darüber berichtet.
Nach wie vor gibt es kritische Stimmen, die auch Telefonieren über die Freisprechanlage oder Navigieren per Sprachbefehlen (und den daraus resultierenden Dialogen mit dem System) als Ablenkung und damit auch als Gefahr einstufen. Doch diese Lösungen wird man vermutlich nie verbieten können.
Gegen den Blindflug am Steuer
Jahrelang diskutiert und kritisiert – Handys am Ohr, Hände am Lenkrad. Doch offensichtlich reichen die geltenden Regeln (60 Euro und ein Punkt) nicht aus. Verstöße kosten künftig 100 Euro. Kommt es zum Crash mit Sachbeschädigung werden 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot fällig. Radfahrer, die bisher, falls sie erwischt wurden, mit 25 Euro bestraft wurden, müssen künftig 55 Euro überweisen. Entscheidende Neuerung: Wurden bisher nur Handys und Autotelefone von dieser Regelung betroffen, gilt die Vorschrift jetzt für alle Kommunikationsgeräte wie Laptops und Tablets. Und streng genommen, aber noch schwammig formuliert, auch für zu lange Blicke auf die Monitore von fest installierten Navigationsgeräten.
Schon allein der amtliche Begriff „Rettungsgasse“ zeigt, wie eng es zugeht, wenn, etwa wegen eines Unfalls oder eines sonstigen Staus, Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und Rettungskräften sich durchkämpfen müssen. Blaulicht wird oft erst spät gesehen und das Martinshorn überhört, weil die Soundanlage oder ein kreischendes Kind im Auto den Ton angeben. Geradezu billig war bisher die Sanktion, wenn man schon im ersten Stau keine Notspur freihielt, also keine Gasse bildete – 20 Euro. Künftig werden mindesten 200 Euro fällig, im schwereren Fällen bis zu 320 Euro plus Fahrverbot.
Wer sich nicht aus dem Weg räumt, wenn Blaulicht flackert und Sirenen heulen, also die Einsatzkräfte blockiert, kann sogar mit mindestens 240 Euro und einem Monat Fahrverbot sanktioniert werden. Beide Tatbestände sind bei unseren österreichischen Nachbarn wesentlich teurer: 2180 Euro werden dort verlangt, auch von Ausländern.
Egal, ob nur Stau oder Stillstand nach einem Unfall: Zwischen der äußersten linken Spur und der rechts daneben liegenden Spur muss die Durchfahrt freigehalten werden.
Bulli-Fahrer haben es besser
Im fließenden Verkehr haben die Fahrer von Bullis, ähnlich wie die von Vans, die bessere Übersicht. Oft erkennen Sie eine kritische Situation schneller und können deshalb früher reagieren, also bremsen und sich neu einordnen. Zumindest die Fahrer ältere Modelle werden sich seltener auf der ganz linken Spur bewegen. Andererseits wird es für sie schwerer, sich von der mittleren Spur auf die rechte zu bewegen und sich reißverschlussartig zwischen die fast ebenso schnellen Brummis zu zwängen - das dauert oft lange und könnte, unter den neuen Gesichtspunkten, auch von den Ordnungshütern kritisch gesehen werden.
Probleme kann es auch mit zusätzlich montierten Handys oder Navis geben, wenn sie nicht im direkten Sichtfeld an der Frontscheibe kleben. Sie sollten deshalb nur vom Beifahrer bedient werden.