Senioren am Steuer zahlen drauf
Das kann künftig noch mehr Senioren passieren: Ihr Autoversicherer kündigt den bisherigen Vertrag fristgemäß mit steigenden Werkstattkosten und Unwetterschäden und bietet dem langjährigen Kunden einen neuen Vertrag an – doch der ist doppelt so teuer. Diesen Fall hat jetzt der Auto Club Europa aufgedeckt.
Ins Visier genommen hat der Vorsitzende des ACE, Stefan Heimlich, den HDI, der zur Talanx-Gruppe gehört, nach Prämieneinnahmen die drittgrößte deutsche und eine der großen europäischen Versicherungsgruppen.
Nach Angaben des Autoclubs verlangen fast alle Kfz-Versicherer von älteren Autofahrern einen Zuschlag. Nicht selten müssten 75-jährige Autofahrer über 60 Prozent mehr für die Jahresprämie ausgeben als 60-jährige Fahrzeuglenker. Das Clubmagazin „ACE LENKRAD“ (Auflage 571 000) hat den besonders krassen Fall eines Mitglieds dokumentiert:
Der 87 Jahre alte Rentner war jahrelang unfallfrei gefahren. Begründet wurde der Rauswurf zum Vertragsende am 26. August 2016 lapidar mit "deutlich steigenden Werkstattkosten" und "zunehmenden Schäden durch extreme Unwetter". Was das heißt, geht aus der Kündigung nicht hervor. "Das musste ich auch noch telefonisch erfragen", ärgert sich der Senior. Eine Sachbearbeiterin eröffnete dem Autofahrer dann, dass sein Vertrag künftig 1050 Euro kosten sollte statt wie bisher lediglich 448 Euro. Das ist eine Prämienerhöhung um mehr als das Doppelte!
Auf Nachfrage bestätigt der HDI, dass nicht nur dieser Vertrag gekündigt wurde. Wie viele Autofahrer noch betroffen sind, verschweigt der Versicherer. "Von dieser Maßnahme waren vielfach ältere Versicherungsnehmer betroffen, aber auch andere", bestätigte Pressesprecher Andreas Ahrenbeck. Ein Grund für die extreme Erhöhung des Beitrags: Altkunden haben oft noch keinen Seniorenzuschlag in ihren Verträgen stehen. Den gibt es laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erst seit 2012. Moralisch ist er umstritten, doch rechtlich gilt der Zuschlag als legitim. Das bestätigen unabhängig der Versicherungsombudsmann und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Aus sachlichen Gründen darf nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) differenziert werden. Nach Angaben der Autoversicherer weisen alle Statistiken darauf hin, dass ältere Fahrer mehr Schäden verursachen als Fahrer mittleren Alters.
„Die Versicherungen machen es sich zu leicht, wenn sie auf das höhere Unfallrisiko der Generation 75 plus schlicht mit höheren Prämien reagieren“. Vielmehr seien neue Lösungsansätze gefragt. Gerade die Erfahrung mit dem begleiteten Fahren ab 17 hätte gezeigt, dass nicht höhere Versicherungsprämien Unfälle wirksam verhüten, sondern neue Ansätze in der Verkehrspädagogik und im Umgang mit Hochrisikogruppen.