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So holt man den Oldtimer aus dem Winterschlaf

Mit dem Frühjahr beginnt auch wieder die Klassiker-Saison. Die lange Standzeit in den kalten Wintermonaten kann aber ihre Spuren hinterlassen. Hier ist eine Checkliste.

 ©Volkswagen Nutzfahrzeuge

Mit dem Frühjahr beginnt auch wieder die Oldtimersaison. Damit die erste Ausfahrt nach der oft langen Standzeit nicht getrübt wird, sollte das Fahrzeug vor dem Start gründlich gecheckt werden, rät der in der Szene etablierte Automobilclub von Deutschland. Das fängt mit einer einfachen Sichtprüfung an.

Was machen die Bremsen? Finden sich Undichtigkeiten an Leitungen und Schläuchen? Hat die Batterie noch ausreichend Spannung? Hat die feuchte Witterung der vergangenen Monate Spuren an der Karosserie hinterlassen? Wie sieht es mit den Reifen aus? Der AvD rät zu einer schriftlichen Auflistung aller zu prüfenden Punkte, um den Überblick zu behalten. Auch ist es ratsam die anstehenden Arbeiten zu priorisieren: Die für den Betrieb und die Fahrsicherheit unerlässlichen Mängel haben Vorrang. Alles, was allein der Verbesserung von Optik und Komfort dient, ist erst einmal zweitrangig.

Nach der ersten Inaugenscheinnahme sollte zu Beginn die Kontrolle von Füll- und Zustand der Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffe stehen – bei Automatikfahrzeugen ergänzt um die Prüfung des Getriebeöls. Zeigt sich eine dunkle Verfärbung oder ist ein starker Geruch wahrzunehmen, sollte vorsichtshalber das Betriebsmittel erneuert werden. Die Technik dankt das mittelfristig mit vermindertem Verschleiß und verbesserter Zuverlässigkeit während der Saison.

Das richtige Motoröl

Stand der Old- oder Youngtimer länger als ein halbes Jahr still, rät der AvD auf jeden Fall zu einem Ölwechsel, weil das Öl durch Kondenswasser und durch abgelöste Partikel verunreinigt sein kann. Bei dieser Gelegenheit wird auch gleich der Ölfilter getauscht. Die Wahl des richtigen Öls ist vom Alter des Klassikers abhängig. Vor 1960 enthielten Motoröle kaum nennenswerte Reinigungsstoffe und verfügten weder über Dispergier- noch über Detergiervermögen. Zehn Jahre später, also ab 1970, wurden bereits entsprechende Substanzen zugemischt, allerdings in deutlich geringerem Maße als heute. Verfügt das eigene Fahrzeug über einen älteren, nicht aufgearbeiteten Motor, weist dieser zumeist Ablagerungen auf, die moderne Öle mit ihrer hohen Reinigungswirkung ablösen würden. Gelangen diese Partikel dann in den Schmierfilm, droht ein baldiger Motorschaden.

Auch für ältere Motoren, die frei von Ablagerungen sind, sollten keine mit modernen, sehr dünnflüssigen Mehrbereichsöle verwendet werden. Da ihre mechanischen Teile zumeist deutlich größere Toleranzen aufweisen als ein moderner Motor, kann es dann zu einem Schmierfilmabriss kommen, warnt der Automobilclub. Auch hier wäre ein Motorschaden die unweigerliche Folge. Einbereichsöle für klassische Automobile sind in jedem Fall die bessere Wahl.

Bremsflüssigkeit ist hygroskopisch, zieht also Wasser an. Das kann in der kalten und feuchten Jahreszeit bei längerer Standzeit durchaus den Wasseranteil in der Bremsflüssigkeit beträchtlich erhöhen. Wer für die Überprüfung nicht extra in eine Werkstatt fahren will, findet im Internet für rund zehn Euro eine eigene Prüfspindel. Ist während der Wintermonate Bremsflüssigkeit verloren gegangen, ist eine Undichtigkeit wahrscheinlich. Eine penible Kontrolle des gesamten Bremssystems einschließlich aller Leitungen ist dann dringend erforderlich. Zudem ist mindestens eine Sichtkontrolle von Bremssätteln, Reibflächen und Belägen zum Saisonstart ratsam.

Weitere Prüfpunkte sind das Kühlwasser und – sofern vorhanden – die Hydraulikflüssigkeit für die Servolenkung. Neben dem Füllstand ist auch hier auf eventuelle Leckagen zu achten. Bei den meisten älteren Fahrzeugen mit dezentraler Schmierung müssen die Schmiernippeln, etwa an Antriebswelle, Gelenken oder Lagern mit Fett versorgt werden. Dabei sind unbedingt die Schmierpläne des Herstellers zu beachten. Auch Schlösser und Scharniere sowie die Laufschienen von Schiebedächern freuen sich über etwas Öl oder Fett.

Die Prüfung des Motors sollte zumindest einen Check der Zündkerzen umfassen. Verrußte Kontakte lassen sich vorsichtig mit einer feinen Drahtbürste reinigen, während Fühllehren bei der Überprüfung des Diodenabstands helfen. Ein Blick sollte ebenso den Kabeln gelten. Ein wichtiger Punkt ist außerdem die Beleuchtung. Ist die Elektrik in Ordnung? Gibt es Schäden am Glas oder an der Halterung des Scheinwerfers? Und funktionieren Lüftung und Heizung noch ordentlich?

Kontrolle der Reifen

Die Reifenkontrolle ist einer der wichtigsten Punkte. Hat das Fahrzeug zu lange mit zu niedrigem Luftdruck im Winterquartier gestanden, dann kann es einen „Standplatten“ geben. Ob ein Austausch ansteht ist, klärt sich bei einer Probefahrt, für die zunächst der Reifenluftdruck auf den Maximalwert gebracht werden sollte. Bleibt auch nach einigen Kilometern das holprige Fahrgefühl erhalten, sind neue Reifen fällig. Daneben gilt es das Reifenprofil auf Beschädigungen zu kontrollieren. Hingegen sorgen die durchweg geringen Fahrleistungen klassischer Fahrzeuge dafür, dass Reifenverschleiß kaum ein Thema ist. Das deutlich größere Problem ist der unvermeidliche Alterungsprozess des Gummis. Wenn der Reifen aushärtet, büßt er an Haftkraft ein, was speziell bei feuchter Fahrbahn zu einem spürbaren Verlust an Seitenführung und zu erheblich längeren Bremswegen führt. Alle sieben bis spätestens zehn Jahre ist deshalb rundum eine neue Bereifung fällig, auch wenn das Profil noch gut aussieht.

Historische Fahrzeuge sind oft mit heute nicht mehr gängigen Reifensorten, wie etwa Diagonalreifen oder mit nicht mehr gängigen Reifengrößen ausgerüstet. Der Reifenkauf kann daher zur Herausforderung werden. Es gibt jedoch Hersteller, die Sonderserien mit neuer Konstruktion, aber klassischer Optik in entsprechenden Größen auflegen. Deren Verfügbarkeit ist aber nicht durchgehend gegeben, weshalb es gilt, frühzeitig die Ersatzbeschaffung der benötigten Reifen anzugehen.

Ist der Klassiker mit Weißwandreifen ausgestattet, helfen bei der Reinigung nicht zu grobe Topfreinigungskissen, Neutralseife oder eine Reinigungsmilch fürs Baden. Hartnäckigem Schmutz lässt sich vorsichtig mit nassem Schleifpapier in 180er-Körnung zu Leibe rücken.

Sind alle Arbeiten erledigt, folgt erst noch einmal eine Probefahrt. Die hilft nicht nur eventuell versteckte Mängel zu entdecken, sondern auch, sich langsam wieder an die Fahreigenschaften des automobilen Klassikers zu gewöhnen. Wichtiger Punkt: Den Geradeauslauf testen. Läuft das Auto aus der Spur und erfordert permanente Lenkkorrekturen, sollte ein Fachmann das Fahrwerk überprüfen. Das gilt ebenso bei verzögerten Reaktionen auf Lenkbewegungen. Bremst das Fahrzeug ungleichmäßig und zieht aus der Spur, sind Arbeiten an den Bremsen fällig. Dabei auch die Handbremse nicht vergessen, denn durch Temperaturschwankungen während der Standzeiten können sich die Bremszüge längen. Das Nachstellen des Hebelwegs oder der Austausch des Zugs schafft zumeist rasch Abhilfe.

von Gerhard Mauerer