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Warum Winterreifen im Sommer riskant sein können

Klar, Reifen wechseln kostet entweder Geld oder Zeit. Wenn man jedoch keine Ganzjahresreifen besitzt, ist der Wechsel in unserer Klimazone wichtig - aus diversen Gründen.

 ©Goslar Institut

„Von O bis O“, von Oktober bis Ostern, lautet die Faustregel für die Zeit, in der man sein Auto tunlichst mit wintertauglicher Bereifung versieht. Gleichzeitig gibt dieser Leitfaden aber auch an, wann das Fahrzeug mit Sommerpneus bereift werden sollte. Denn, so wie sich Sommerreifen nicht für den Winterbetrieb eignen, ist es nicht ratsam, im Sommer mit Winterreifen unterwegs zu sein. Deshalb sollte die Bereifung eines Wagens im Herbst wie im Frühjahr jeweils umgerüstet werden.

Aber wozu dieser Aufwand, fragen sich manche Autobesitzer. Gut, Winterreifen sind vorgeschrieben, in Deutschland gilt die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Sie besagt, dass bei winterlichen Straßenverhältnissen – also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte – Autos nur mit Winterreifen fahren dürfen. Hierfür dient besagte Faustformel von Oktober bis Ostern als ein grober Anhalt. Doch warum soll die Winterbereifung nicht auch im Sommer genutzt werden können?

Ganz einfach, weil die Winterreifen nicht für den Betrieb in der warmen oder heißen Jahreszeit konstruiert sind – ebenso wenig wie Sommerreifen für winterliche Verhältnisse. Grund dafür sind insbesondere die unterschiedlichen Gummimischungen der Reifen. Sie sind auf die jeweiligen klimatischen Bedürfnisse ausgerichtet. Deshalb ist es zwar nicht verboten, im Sommer mit Winterreifen auf dem Auto zu fahren, es ist aber auch nicht zu empfehlen.

Eklatante Schwächen beim Bremsen

Das hängt damit zusammen, dass Winterreifen „weicher“ sind als Sommerreifen: Die weichere Gummimischung verschafft den Reifen bei niedrigen Temperaturen mehr „Grip“. Umgekehrt bedingt sie bei Temperaturen über sieben Grad jedoch ein schlechteres Fahrverhalten des Autos sowie insbesondere einen deutlich längeren Bremsweg. Das haben einschlägige Tests zweifelsfrei nachgewiesen. Bei Bremsversuchen des ADAC auf trockener Straße verlängerte sich der Bremsweg von Fahrzeugen mit Winterbereifung je nach Temperatur und Verschleißzustand aus Tempo 100 im schlechtesten Fall sogar um 16 Meter. Das ist ein gravierender Sicherheitsaspekt.

Die Experten des Automobilclubs bescheinigten denn auch allen getesteten Winter-Typen im Sommer „eklatante Schwächen beim Bremsen“. Sie veranschaulichen diese Defizite der Winterreifen nachdrücklich an einem Beispiel: Während das Auto mit Sommerreifen rechtzeitig vor einem Hindernis zum Stehen käme, würde es mit Winterreifen einen ganzen Pulk Fahrradfahrer von der Straße räumen. Darüber hinaus stellten die Tester fest, dass auch die Haftung der Winterreifen auf der Straße mit zunehmender Außentemperatur spürbar nachlässt.

Für ein rechtzeitiges Umrüsten von Winter- auf Sommerreifen im Frühjahr sprechen zudem finanzielle Gründe. Denn außerhalb „der Saison“ mit Winterreifen zu fahren muss mit einem höheren Spritverbrauch und einem stärkeren Reifenverschleiß bezahlt werden. Die vermeintliche Einsparung durch den vermiedenen Bereifungswechsel wird so schnell zur „Milchmädchenrechnung“.

Kompromiss Ganzjahresreifen

Sparfüchse setzen deshalb gern auf sogenannte Ganzjahresreifen oder Allwetterreifen. Doch wer zu dieser Alternative tendiert, sollte sich zuvor die Stärken sowie Schwächen dieser Reifen vor Augen führen und dabei das überwiegende Einsatzprofil des eigenen Fahrzeugs mit in Betracht ziehen. Denn Tests zufolge erreichen Ganzjahresreifen nicht die Bestleistungen spezialisierter Sommer- bzw. Winterreifen. Sie sind vielmehr ein Kompromiss zwischen den Sommer- und Winterspezialisten, ohne deren Qualitäten zu haben. Allwetterreifen bieten sich demnach insbesondere für Autofahrer an, die meist in gemäßigten Klimazonen unterwegs sind und nicht vorhaben, mit ihrem Fahrzeug im Winter in Skiurlaub oder in den Sommerferien in heiße Regionen zu fahren.

Zudem können Ganzjahresreifen eine gute Entscheidung für Besitzer von Zweit- und Kleinwagen darstellen, die nur wenige Kilometer im Jahr unterwegs sind und dies vor allem innerstädtisch. Oder auch für Autofahrer, die ihr Fahrzeug bei richtig schlechtem Winterwetter lieber stehen lassen. Unterm Strich lässt sich mit Allwetterreifen das Geld für den zweiten Satz Reifen und die zweimalige Umrüstung pro Jahr sparen. Als Winterreifen genügen sie bis zur offiziellen Mindestprofiltiefe von 1,6 mm auch in jedem Fall den Anforderungen der situativen Winterreifenpflicht in Deutschland, wie der ADAC betont. Deshalb besteht bei Fahrten mit Ganzjahresreifen unter winterlichen Bedingungen auch der volle Versicherungsschutz.

ampnet/fw