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Wird die "Unfallflucht" bald entkriminalisiert?

Die Unfallflucht ist in der Art und Weise, wie sie aktuell im Strafrecht gehandhabt wird, nicht nur Juristen ein Dorn im Auge. Jetzt könnte sich etwas tun, was auch Autofahrern helfen würde.

 ©ampnet ACE

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) plant offensichtlich, den Straftatbestand der Unfallflucht teilweise zu entkriminalisieren, wenn lediglich ein Sachschaden verursacht wurde, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für Unfälle mit Personenschäden bleibt das Gesetz unverändert. Das Justizministerium will, das geht aus einem ersten Schreiben hervor, diesen Tatbestand als Ordnungswidrigkeit behandeln, sodass die Buße nicht ins Strafregister eingetragen wird. Bisher gilt, dass ein Unfallbeteiligter eine „angemessene Zeit“ am Unfallort bleiben und sich als Verursacher zu erkennen geben muss. Wird das unterlassen, drohen eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft.

Das gilt auch bei Bagatellschäden, wenn zum Beispiel beim Ausparken ein anderes Fahrzeug beschädigt wird, wobei der Begriff „angemessen“ nicht eindeutig festgelegt ist und am Ende von einem Amtsrichter definiert werden kann. „Wir begrüßen den Vorstoß, die Unfallflucht bei reinen Sachschäden zu entkriminalisieren“, erklärt Malte Dringenberg vom Automobilclub von Deutschland (AVD). „Denn so wächst auch die Chance für den Geschädigten, dass er nicht auf seinem Schaden sitzen bleibt“.

Nach dem Vorschlag des Justizministeriums soll in Zukunft eine Online-Meldestelle eingerichtet werden, um sich als Verursacher zu melden. Nach geltendem Recht reicht es nicht, sich nach „angemessener Wartezeit“ bei der Polizei zu melden, um eine Anzeige wegen Unfallflucht zu vermeiden. Jedes Jahr werden in Deutschland bis zu 300.000 Fälle von Unfallflucht von der Polizei erfasst.

„Durch die Herabstufung der Unfallflucht nach reinen Sachschäden zur Ordnungswidrigkeit würde einer undifferenzierten Kriminalisierung des Unfallverursachers entgegengewirkt“, so das Schreiben des Ministeriums an die Fachverbände, die um Stellungnahmen gebeten werden. Bis zum 23. Mai sollen die Meinungen zu dem Vorhaben abgegeben werden, sodass möglicherweise die Reform bis zum Jahresende in Gesetzesform gegossen werden kann.

Eine Unfallflucht hat für den Verursacher allerdings nicht nur juristische Folgen. Zwar übernimmt die Versicherung den Schaden, verlangt dann aber das Geld zurück. Außerdem ist die Versicherung berechtigt, den Vertrag zu kündigen, weil das „unerlaubte Entfernen vom Unfallort“ einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt.

Der Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs regelt den Straftatbestand der Unfallflucht und ist seit Jahrzehnten umstritten. Ebenso lange wird über eine Reform des Straftatbestands unter Juristen gestritten. Bereits in den ersten Tagen des Automobils verfügten die Behörden, dass sein Unfallverursacher nach einem Unfall am Ort des Geschehens anhalten musste. Im Deutschen Reich gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den einzelnen Ländern 31 unterschiedliche Verordnungen, die 1909 vom „Gesetz über den Verkehr mit Kraftahrzeugen“ abgelöst wurden.

Deutlich verschärft wurden die Strafen für Unfallflucht durch die Nazis. Der spätere Nazi-Richter Roland Freisler begründete als Staatssekretär im Justizministerium die Neufassung des Paragrafen mit der „Bekämpfung der Feigheit und Rücksichtslosigkeit, die ein Fliehen vom Unfallort kennzeichnet“. Der Paragraf blieb auch nach Kriegsende unverändert in Kraft und wurde erst im Jahr 1975 neu gefasst.

aum/ww