Ausstellung "70 Jahre Bulli-Republik" bis Jahresende verlängert
Die aktuelle Sonderausstellung „Alleskönner. 70 Jahre Bulli-Republik Deutschland“ im Volkswagen-Automuseum in Wolfsburg läuft nun länger. Bis zum Jahresende kann die sehenswerte Ausstellung besucht werden.
Ursprünglich ein echter Wolfsburger, begründete er den anhaltenden Erfolg von VW-Nutzfahrzeugen aus Hannover: Vor 70 Jahren, am 8. März 1950, ging der Transporter (T1) von Volkswagen im Werk Wolfsburg in Produktion. Bedingt durch das Corona-Virus verlängert das Volkswagen-Automuseum an der Dieselstraße in Wolfsburg die aktuelle Sonderausstellung „Alleskönner. 70 Jahre Bulli-Republik Deutschland“ noch bis zum Jahresende.
Entworfen von den Ingenieuren der technischen Entwicklung waren noch im Jahr 1949 vier Vorserien-Exemplare enstanden, die im November des Jahres der Presse und damit der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Eines davon kann auf der kleinen Bühne des Automuseums in Augenschein genommen werden. Beinahe unbekannt geblieben sind die verworfenen Versuche, den Transporter auf dem unveränderten Fahrgestell des Käfers aufzubauen. Der T1 „Bulli“ war mit seinen zunächst vier Derivaten (Kastenwagen, Kombi, Bus und Pritsche) in Deutschland und weltweit derart erfolgreich, dass bereits nach wenigen Jahren eine neue Fabrik in Hannover-Stöcken errichtet werden musste.
Der Export des deutschen Wirtschaftswunder-Mobils hatte noch 1950 in die USA begonnen – dem Hauptdevisenbringer der jungen Bundesrepublik. Dort begann auch der Ruhm eines ganz besonderen Sondermodells: Der „Sieben-/Neunsitzer Typ 241“, heute besser bekannt und begehrt unter dem Namen „Samba“. Er hatte zwar einen Produktionsanteil von lediglich fünf Prozent, kam aber besonders gut bei den US-amerikanischen Fahrerinnen an, die ihn dank seiner lichten Bauweise sehr gerne als praktischen Zweitwagen der Familie nutzten – gerade in klarer Abgrenzung zu den häufig fünf Metern langen Straßenkreuzern der damaligen Zeit. Da überrascht es nicht, dass das zweite Fahrzeug auf der Bühne der Sonderausstellung – das einmillionste Exemplar – ein „Samba“ ist.
Die weiteren Exponate werden durch die vier Themeninseln „Last und Nutz“, „Vielfalt und Praxis“ sowie „Befördern und Reisen“ und „Kult und Kasse“ strukturiert. Hinter der letzten verbirgt sich natürlich der Ruhm des „Bulli“ als dann längst von zweiter oder dritter Hand gebrauchter und rund um die Welt genutzter „Hippie-Bus“: Von den „Blumenkindern“ in den USA und Europa per Hand bemalt ging es nicht nur direkt auf die Strände von Kalifornien, Fehmarn oder Sankt Peter-Ording, sondern für manche auch auf den Hippie-Trail von Kabul über das Kathmandutal Richtung Indien nach Goa.
Besonders interessant an der laufenden Sonderausstellung sind die zahlreichen Modelle der zeitgenössischen Mitbewerber. Volkswagen war aber schnell der erfolgreichste und ist als einziges – neben Ford – bis heute auf dem Markt geblieben. Da gab es zum Beispiel den Tempo Matador, der 1949 bis 1952 sogar noch mit einem in Wolfsburg zugekauften VW-Käfer-Motor ausgeliefert wurde. Eingebaut als Mittelmotor unter dem Fahrersitz ermöglichte er – anders als beim T1, den der Motor im Heck einschränkte – eine tiefe, durchgehende Ladefläche, in die lediglich die Radkästen ragten.
Bemerkenswert ist auch der DKW Schnelllaster F 89 L, der im ausgestellten Baujahr 1954 über einen Zwei-Zylinder-Zweitakter mit 684 Kubikzentimetern und 22 PS verfügte. Die Besonderheit: Die Kurzhauben-Bauweise mit dem Motor in der Front des Fahrzeugs erwies sich für die Transporter-Entwicklung als wegweisend. Heute hat sich das „One-Box-Design“ – mit der Antriebstechnik lediglich bis zum Fahrerraum und höchstens noch beim Allradantrieb im Unterboden – auch bei Volkswagen durchgesetzt.
Aber woher kam dann der Erfolg des T1 „Bulli“, der mit 17 Jahren die längste Produktionszeit aller Transporter-Generationen besaß? Bis zum Modellwechsel zum T2 im Jahr 1967 entstanden insgesamt 1.883.913 Einheiten der ersten Bulli-Generation in allen Varianten: 222.758 Stück in Wolfsburg, weitere 1.579.169 Exemplare ab 1956 in Hannover und eine weitaus geringere Stückzahl in ausländischen Montagewerken, allen voran in Brasilien (1957 bis 2002). Neben den reinen Stückzahlen kam der Erfolg durch die Vielzahl von höchst unterschiedlichen Varianten. Am meisten gebaut wurde der Kastenwagen (ca. 26 Prozent aller T1), gefolgt vom Kombi (24 Prozent) und dem Bus (17 Prozent). Selten war der Pritschenwagen mit Doppelkabine, kurz „Doka“ genannt. Sein Marktanteil lag ebenfalls – wie der „Samba“ bei lediglich fünf Prozent. Den normalen Pritschenwagen orderten die Kunden dreimal häufiger, so dass er einen Marktanteil von fast 17 Prozent errang. Die verbliebenen sechs Prozent entfielen auf Sondervarianten, wie Camper, Krankenwagen und Fahrzeuge des Kommunalwesens.
Zu dieser Variantenvielfalt hinzu kam vor allem die Marktmacht von Volkswagen mit einem dichten Service- und Vertriebsnetz. Der Kontakt mit einem Händler ermöglichte nicht nur die verschiedenen Derivate, sondern auch die gewünschten Sonderaufbauten. Dabei führte das direkte Zusammenspiel der Hersteller dieser so genannten Sonderfahrzeuge mit dem Vertrieb zu den Zwei-Rechnungen-Fahrzeugen. Der Kunde erhielt ohne Probleme die erste direkt von Volkswagen für das reine Grundmodell und die zweite vom Hersteller des gewünschten Aufbaus. (ampnet/av)
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