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Buchtipp: Mit dem Camper bis nach Australien

Von der Schweiz nach Australien? Ach, einfach durch Süddeutschland Richtung Polen, und dann immer weiter. Aber – das zieht sich...! Wenn man indes Zeit hat, dann kann eine Reise um die halbe Welt und zurück ein sehr unterhaltsames Unterfangen sein, gespickt mit allerlei Unvorhersehbarkeiten und Absurditäten. Willkommen also bei Bruno, dem eidgenössischen Weltenbummler, und seinem neuen Buch "Der weiteste Weg".

 ©Delius Klasing

Bereits zweimal war Bruno Blum global auf dem Moped unterwegs – dieses Mal jedoch darf Freundin Yvonne mit. Das ginge zwar auch auf zwei Rädern irgendwie, doch bietet ein Mitsubishi-Camper namens „Betty“ schlicht mehr Komfort in jenen Ecken der Welt, in denen es etwas rustikaler zugeht. Und in solchen Ecken landen die beiden Protagonisten recht bald nach der Abfahrt aus der Schweiz, von der es ja heißt, sie sei das größte Land der Welt, würde man die Falten ausbügeln.

Nein, Spaß bei Seite: Bruno ist „tief verwurzelt in seiner schweizerischen Heimat“, wie er es selbst formuliert – und auf dem Allradler prangt denn auch das sympathische Kreuzemblem, auch in der Hoffnung natürlich, die Anmutung eines Fahrzeugs des „Roten Kreuzes“ helfe durch brenzlige Situationen. Und doch zieht es Bruno immer wieder in die Welt, reizt ihn das Unterwegssein stets aufs Neue. Von seiner jüngsten Reise hat er ein Buch mitgebracht, das so unaufgeregt wie lässig von der Fahrt durch Osteuropa und die Mongolei, den Nahen Osten und Indien und natürlich von Australien berichtet. Aber auch von Bruno selbst, und wie sich das verhält, zu zweit auf engstem Raum zu reisen. Und das über Monate, Jahre hinweg. Vielleicht lohnt der „weiteste“ Weg, wenn man dabei zu sich selbst findet?

Hetzen darf man natürlich nicht, das sieht auch Bruno so – reisen, das bedeutet, Zeit zu haben – weshalb das Buch gerade auch mit dem verschwenderischen Umgang beeindruckt, mit dem das rare Gut „Zeit“ verwaltet wird. Gelassen werden Sehenswürdigkeiten angesteuert, lässt man sich auf Begegnungen mit den Menschen und Nationen ein, fährt man zunächst mal nach Indien um dann weiter zu schauen – das beeindruckt. Wenn es dann aber zwischendurch um Visaanträge oder deren Verlängerung geht – was angesichts der mancherorts üblichen Korruption und Ineffizienz oft ein Geduldsspiel ist – dann spürt man, wie sehr Bruno solch ein zeitliches Korsett verhasst ist. Dagegen sind selbst Wetterkapriolen kein Drama mehr.

Klar – auf solch einer Reise geht auch mal was schief, geht auch mal was kaputt. Doch gerade in Krisensituationen lernt man den Partner kennen, lernt man, sich selbst zurückzunehmen, auch mal schlicht und ergreifend „die Klappe zu halten“, wie man es umgangssprachlich ausdrücken könnte. Gerade auch bei Begegnungen in ärmeren, dessen ungeachtet aber oft vor Gastfreundschaft überfließenden Ländern ist dies angebracht, kundige Weltenbummler werden dies bestätigen können.

Vor allem aber lernt man bei der unterhaltsamen Lektüre der gut 200 Seiten, dass die Welt beileibe nicht so todeswütig, gewalttätig und grausam ist, wie manche Schlagzeilen suggerieren wollen. Natürlich hat jedes Land so seine Probleme: Wenn Yvonne und Bruno jedoch beispielsweise im Iran aus der Warteschlange vor der Bäckerei nach vorne gerufen werden, um hernach nicht einmal bezahlen zu dürfen – sie seien ja Gäste im Land, also bitteschön – dann öffnet es den Blick für die Welt hinter den Katastrophenmeldungen. Und die ist verdammt interessant.

Alleine diese Erkenntnis macht das Buch schon lohnenswert – von den 161 Farbfotos einmal ganz abgesehen. Mit anderen Worten: Der weiteste Weg – er macht absolut Sinn. Und er ist auch gar nicht schwer zu finden. Man muss nur losfahren. Einfach nur losfahren ...

Bruno Blum: Der weiteste Weg. Mit dem Campingbus bis Australien. Verlag Delius Klasing Bielefeld 2017, flexibel gebunden, 222 Seiten, 161 Farbfotos, Format 15,6 x 23 cm, ISBN 978-3-667-10914-9, 22,90 Euro.

Heiko P. Wacker