Caravan Salon 2019: Die Branche boomt
Freizeitfahrzeuge sind in Deutschland enorm gefragt. Zum Start des Caravan Salon in Düsseldorf teilte der Caravan Industrieverband (CIVD) mit, dass schon bis Juli 2019 so viele Freizeitfahrzeuge verkauft wurden, wie 2018 im ganzen Jahr.
Gerade hat der Caravan Salon in Düsseldorf (bis 8. September) die Pforten zur global größten Leistungsschau der Campingbranche geöffnet und flugs meldet der Caravan Industrieverband (CIVD) einmal mehr neue Verkaufsrekorde. Schon bis Juli haben die Hersteller insgesamt 61.000 Freizeitfahrzeuge verkauft, so viele wie im gesamten Vorjahr zusammen. Um zehn Prozent auf 20.300 Einheiten haben dabei die Wohnwagen zugelegt, die Reisemobile kamen mit einem Plus von 14 Prozent auf 40.000 Exemplare.
In Europa fiel der Zuwachs geringer aus. Hier lag die Steigerung bei 3,1 Prozent auf 131.866 Fahrzeuge, in Vergleichszeitraum 2018 waren es nur 127.949. Ohne den Bestsellermarkt Deutschland ändert sich die Statistik jedoch. Resteuropa fährt dann ein Minus von 1,9 Prozent ein. Grund dafür sind die Rückgänge in Großbritannien, wo sich angesichts des bevorstehenden Austritts aus der Staatengemeinschaft eine gewisse Kaufzurückhaltung verbreitet. Weniger Freizeitfahrzeuge wurden auch in Schweden verkauft. Hier liegt das schwindende Interesse an der eingeführten CO2-Steuer, die Reisemobile wegen ihres höheren Verbrauchs besonders hart trifft. Was den Exportanteil der deutschen Unternehmen merklich schmälert.
Dies mag der Grund für den einen oder anderen Aussteller in Düsseldorf sein, erste Wölkchen am sonst strahlend blauen Himmel zu entdecken. Einen heftigen Einbruch wie in den 1980er Jahren erwartet zwar keiner, aber angesichts der hochgefahrenen Kapazitäten der Werke könnte eine Kaufzurückhaltung bei uns manchen mit Wucht treffen.
Wie auch immer, das Angebot beim Salon ist umfassend und an einem Tag vom Besucher kaum zu überschauen. Viele informieren sich daher vorab im Internet und begutachten ihre Auswahl dann zielgerichtet in den 13 Hallen der Messe Düsseldorf, in denen 600 Anbieter ihre Produkte feilhalten. Die können direkt erworben werden, meist zu günstigen Messepreisen. Was dem Caravan Salon im Gegensatz zu manch anderer einst strahlender Messe immer neue Besucherrekorde beschert. Im vergangenen Jahr machten sich rund 250 000 Gäste auf den Weg über die 214.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, in diesem Jahr werden es kaum weniger sein.
Als die drei großen „K“ beschreibt Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer beim CIVD, die anhaltenden Tendenzen des Jahres. Komfort, Konnektivität und Kompaktfahrzeuge stehen hoch im Kurs. Ausgebaute Kastenwagen sind mit einem Anteil von 20 Prozent am deutschen Markt immer noch führend. Aber auch Reisemobile mit kompakten Aufbauten gewinnen in der Beliebtheit, gefolgt von integrierter Bauweise und den Alkovenmobilen.
Zu verzeichnen sind jedoch zwei weitere Entwicklungen. Leichtbau tut Not, denn die Ansprüche steigen und viele Mobile werden mit Vollausstattung bestellt. Klimaanlage, Satelliten-TV und Markise bringen neben dem üblichen Gepäck Gewicht an Bord. Für eine zunehmende Zahl von Campern endet jedoch die Fahrerlaubnis bei 3,5 Tonnen, außerdem fallen für schwerere Fahrzeuge in vielen Ländern höhere Straßennutzungsgebühren an und es gelten Überholverbot und Tempolimits. Die Hersteller bemühen sich daher nach Kräften, die Ausbauten zu erleichtern. Dass hier Luft nach oben ist, beweist unter anderen Carthago. Die schwäbische Marke hat es geschafft, trotz der neu eingeführten und schwergewichtigen Abgasreinigung beim neuen Fiat Ducato die Reisemobile um bis zu 55 Kilogramm abzuspecken.
Die zweite Strömung betrifft die Umweltverträglichkeit. Dethleffs hat bereits im vergangenen Jahr einen Wohnanhänger mit eigenem elektrischen Antrieb gezeigt, bald soll mit ihm im Schlepp eines ebenfalls elektrisch motorisierten Zugfahrzeugs von Isny im Allgäu nach Riva am Gardasee eine Fahrt über die Alpen gelingen. Der Hersteller widmet sich nun auch den Reisemobilen und nutzt hierfür eine Ford Transit Plug-in-Hybrid als Basisfahrzeug. Der Globevan E-Hybrid kostet 74.990 Euro hat eine elektrische Reichweite von 50 Kilometern und kommt insgesamt mit dem 92 kW / 126 PS starken Vierzylinder-Verbrenner 500 Kilometer weit. Auch Knaus-Tabbert hat in Zusammenarbeit mit Bosch ein 48-Volt-Bordnetz für einen Wohnwagen entwickelt, das über Elektromotoren die Räder des Anhängers antreibt. Hier soll der zunehmenden Elektromobilität Sorge getragen werden.
Visionäres zeigt Hymer mit der Studie Venture Vision. Allradantrieb, eine Dachterrasse und ein Heckbalkon mit Elektrogrill sind noch die konventionelleren Ideen des Konzeptfahrzeugs, zukunftsweisend ist eher eine mit BASF entwickelte Lackierung, die eine isolierende Wirkung hat und die Innentemperatur bei Sonneneinstrahlung um bis zu zehn Grad senkt. Auch das mit echtem Naturschiefer verkleidete Bad könnte ein Blick in die Zukunft sein, eine dünne, auf Kunststoff aufgebrachte Steinschicht, ist nicht schwerer als übliche Holzwände. Der hauchdünne Betonboden erlaubt es, auf eine Duschtasse im Bad zu verzichten.
Bodenständiger aber realitätsnäher ist das Showcar von Carado. Das integrierte Mobil setzt ganz einfach Wünsche um, die Kunden bei Befragungen geäußert hatten. Es gibt ein Kuschelsofa, das auch als Lese- oder Fernsehlounge dient, die Fahrräder werden in der Heckgarage nicht wie üblich sondern platzsparend senkrecht transportiert. Ob all die Ideen im Serienfahrzeug umgesetzt werden, wird basierend auf den Reaktionen der Messebesucher entschieden.
LMC hat über die Abschaffung von Gas als Energieträger im Caravan nachgedacht und macht ihn mit hundertprozentiger Umstellung auf elektrische Energie lokal emissionsfrei. Gekocht wird auf einem Induktionsfeld, geheizt mit flächigen Thermoelementen, die in Boden und Wände laminiert werden. Der Deichselkasten kann nun komplett zum Transsport von Campingmöbeln oder anderer Ausrüstung genutzt werden. Hier ist eine Serienfertigung eher unwahrscheinlich, es sei denn, der Käufer akzeptiert einen saftigen Mehrpreis. Allein die Heizung würde rund 10 000 Euro kosten.
Nun aber zu den Glanzlichtern der Messe, die man tatsächlich kaufen kann. Einmal mehr stehen dabei die Kastenwagen im Mittelpunkt, deren Angebotsvielfalt nahezu ausufert. Ein Preisbrecher ist dabei der V 541 HB vom Eura Mobil-Tochterunternehmen Forster. Aufbauend auf dem kurzen Fiat Ducato mit einem 120-PS-Diesel verlangen die Sprendlinger Wohnmobilbauer schlanke 36.400 Euro für den grasgrün lackierten Van. Aus dem Mutterhaus kommt der Contura 760 EB, ebenfalls auf Ducato-Basis, allerdings mit wenigstens 140 PS. Das teilintegrierte Mobil bewegt sich in der gehobenen Mittelklasse und ist für rund 76.000 Euro zu haben.
Knaus präsentiert den Boxstar Lifetime mit neuem Hochdach und maßgeschneiderten Grundrissen auf Fiat Ducato, außergewöhnlich sind die Längseinzelbetten im Heck bei einer Fahrzeuglänge von nur sechs Metern. Das gleiche Modell ist beim Tochterunternehmen Weinsberg zu sehen, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Westfalia belebt den Klassiker James Cook neu, der basiert natürlich auf dem Sprinter von Mercedes. Der hat neben dem Ducato auf dem Caravan Salon die Nase ohnehin vorn, nie zuvor gab es ihn in so großer Zahl als rollenden Untersatz für Reisemobile.
Allerdings hat der Daimler-Transporter, verglichen mit dem Ducato einen entscheidenden Nachteil. Er ist rund sechs Zentimeter kürzer als der italienische Wettbewerber, was beim klassischen Grundriss mit Querbett im Heck und einer Halbdinette dazu führt, dass der Tisch während der Fahrt abgebaut werden muss, weil sich sonst der Fahrersitz nicht weit genug nach hinten schieben lassen kann. Das ist lästig, zumal die Tischplatte auf Reisen ordentlich verstaut werden muss, was Laderaum kostet. Der James Cook hat jedoch kein Längenproblem, weil sein Heck mit einem Slide-Out-Element ausgestattet ist, das den Wohnraum im Stand vergrößert und so obendrein Längsbetten möglich macht. Er steht zu Preisen von 81.900 Euro an bei den Händlern.
Die Autobauer wollen nach dem Beispiel von VW ebenfalls ins Geschäft kommen, Mercedes beschränkt sich dabei auf die Eigenproduktion des Marco Polo auf Basis der V-Klasse, Ford lässt bei Westfalia bauen und kündigt den Big Nugget auf Transit an der sich ab kommendem Frühjahr auch mit einem Aufstelldach im Angebot finden wird. VW sortiert das California-Angebot neu und führt im Modell Beach als Optionen eine zweite Schiebetür und eine Miniküche mit Kocher ein.
Neuheiten gibt es aber auch in der großen Klasse, das Hymermobil B-Klasse Master Line BNL 880 ist das neue Flaggschiff der Traditionsmarke und rollt auf einer Tandemachse mit SLC Chassis und dem Sprinter-Triebkopf. Damit bringt es das rund 8,6 Meter lange Wohnmobil auf bis zu 5,5 Tonnen Gewicht. Die Eingangstür wurde für eine bessere Raumausnutzung nach hinten verlegt, im separaten Toilettenraum gibt es neben reichlichem Platz auch einen Handtuchwärmer.
Carthago erneuert die Chic C-Line auf Ducato für 114.990 Euro. Die E-Line New Generation rollt auf dem Sprinter mit Einzel- oder Tandemachse ab 130.500 Euro. Der Chic S-Plus nutzt den Iveco Daily, dessen neuer Euro-6-Diesel 210 PS liefert, 140.600 Euro müssen für dieses Modell angelegt werden. Carthago bietet für die integrierten Modelle erstmals LED-Frontscheinwerfer an, fortschrittliche Automobiltechnik kommt allmählich auch bei den Reisemobilen an.
Das zeigt auch Knaus mit dem Head-Up-Display, das für viele Modelle angeboten wird. Außerdem setzt der Hersteller auf ein Filtersystem für die Wasserversorgung. Es wird Zeit, dass sich bei der Installation etwas tut, denn viele Reisemobilbesitzer gehen sehr nachlässig mit der Wasserhygiene um und reinigen ihre Tanks und Leistungen nur spartanisch.
Ausgefeilte Technik findet sich in den Luxusmobilen, die weiter oben bei dreistelligen Kaufpreisen siedeln. Spülmaschine, Klimaanlage elektrische Markise und Fußbodenheizung – alles kein Problem, wenn Kosten, Größe und Gewicht keine Rolle spielen. Concord hat die Spitzenbaureihe Centurion aber doch zumindest ansatzweise demokratisiert. Als Basisfahrzeug wird der Luxusliner nun auch auf einem Iveco Daily Chassis angeboten. Der Einstiegspreis der Modellreihe, die sonst auf dem Mercedes Actros rollt, sinkt so von über 500.000 auf eben mal 320.000 Euro. Ein wahres Schnäppchen also. Das wohl teuerste Mobil auf dem Caravan Salon gibt es bei Vario zu bestaunen. Der 12 Meter lange 16-Tonner hat mehrere Slide-Outs für mehr Raum und eine Garage für einen Mercedes SLK-Roadster im Heck. Der Kaufpreis der voll ausgestatten Preziose liegt bei 1,3 Millionen Euro. Ohne den Mercedes. Den Caravan Salon in Düsseldorf können Besucher dagegen schon für 18 Euro Eintritt besuchen, er ist noch bis zum 8. September geöffnet.