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Doppel-Buchtipp: "Schweißen" und "Schweißen & Blechbearbeitung"

Wer einen alten Bulli hat, der sollte auch was von Schweißen und Blechbearbeitung verstehen - zumindest, wenn er oder sie sich teure Reparaturen in der Werkstatt sparen will. Im Heel-Verlag sind zwei interessante Titel zu diesen Themen erschienen. Heiko Wacker hat sie gelesen. Hier ist seine Rezension.

 ©Heel Verlag

Ein Novembertag Mitte der 1980er-Jahre: Ein stark verbrauchter VW Bulli braucht dringend eine Plakette auf dem Nummernschild – doch der Schweller ist durch, und zwar richtig. Der andere auch! Also werden eiligst Überzugbleche drübergeschwartet, Spachtelmasse und „Elefantenhaut“ kaschieren die gröbsten Unebenheiten. Tags darauf besteht der Transporter die Hauptuntersuchung, während im Schweller schon wieder streusalziges Wasser schwappt.

Ob der T2, vielleicht war es auch ein T1, die nächste Hauptuntersuchung noch erlebt hat – wer weiß? Sicher ist nur eins: Dass nämlich oft genug genau solche Notreparaturen für große Augen sorgen, wenn ein derartiges Auto heute zur Sanierung ansteht, die zumeist ernsthafter angegangen wird als die Notreparaturen vergangener Tage. WIE ernsthaft das sein kann, das zeigen zwei interessante Titel aus dem Heel-Verlag, die sich an Einsteiger, aber auch an Profis wenden, und in gewisser Weise aufeinander aufbauen.

Dein Einstieg ins Thema der hohen Metallbrutzelei bietet das „Praxishandbuch Schweißen: Grundlagen – Technik – Praxis“, das auf 125 Seiten und mit über 500 Farbabbildungen einen wahrlich gelungenen Einstieg ins Thema bietet, und frei nach dem Motto „Karosseriebau macht erst Spaß, wenn man nicht mehr schweißen muss, sondern wenn man schweißen will“ einlädt auf die spannende Reise ins blecherne Reparaturhandwerk.

Angefangen bei der empfehlenswerten Werkstattausrüstung, über die richtige, TÜV-gerechte Schweißtechnik (die trotzdem der braunen Pest ein neues Einfallstor bieten kann) bis hin zu Anfertigung und Einbau einzelner Reparaturbleche findet der Einsteiger in diesem Buch detaillierte und leicht verständliche Anleitungen, unterstützt durch zahlreiche Schritt-für-Schritt-Abbildungen.

Als anschauliches Beispiel dient den Spezialisten der Fahrzeugakademie Schweinfurt – wobei auch den anerkannten Cracks gelegentlich der handschuhlose Griff zur Flex unterläuft, sind halt auch nur Menschen – die Restaurierung eines BMW 1802, den man durchaus als Vertreter der streusalzigen 70er- oder 80er-Jahre heranziehen kann. Ihm ging es auch nicht anders als seinen Zeitgenossen, wenn Überzugbleche, Spachtelmasse und „Elefantenhaut“ den nächsten Stempel auf dem Nummernschild sichern sollten.

Das „Praxishandbuch Schweißen & Blechbearbeitung: Schneiden – Formen – Gestalten“ wiederum zeigt, wie es der Profi macht. Klar, die hier gezeigten Schritte laufen auch in Sachen Werkstattausstattung auf einem sehr ambitionierten Niveau ab, wobei der Privatier selten eine komplette Abteilung für Metallarbeiten in der Garage hat, wie sie im Buch gezeigt werden. Sickenmaschinen? Feinblechwalze? Glätthammerstempel? HuHuHui!

 ©Heel Verlag

Trotzdem ist das Buch voller guter Anregungen und Tipps – und dabei geht es längst nicht nur um Ratschläge, die zum Kauf besten Werkzeugs raten, nach dessen Erwerb man keine Asche mehr für ein kaltes Feierabendbier hat. Ganz im Gegenteil werden gerne auch Hilfestellungen für die Improvisation eigenen Werkzeugs gegeben, wie die Nähanleitung für ein Schrotkissen beweist, das man sich für die schnelle Mark selber basteln kann. Dann hat man nicht nur Geld gespart, sondern sich selbst ein „Werkzeug“ hergestellt. Und wie geil ist das?!

Auch ein aus einer ollen Schutzkappe einer Gasbuddel hergestellter „Hammer“ kann gute Dienste tun – und sei es nur, um einen Kotflügel mit einem satten Schlag einzubeulen. Warum? Zu Übungszwecken natürlich, wie sie auf Seite 219 so schön in Worte gefasst werden: „Die Reparatur verbeulter Kotflügel lernt man am besten durch die Reparatur verbeulter Kotflügel.“ Ende der Durchsage.

Klar – auch dieses nicht ganz günstige Buch, es liegt mit 50 Euro rund doppelt über dem Einsteigerband, ersetzt keine Ausbildung, und das will es auch gar nicht. Und doch gibt es faszinierende Einblicke, was man mit Blech so alles anstellen kann. Ob man dann selbst zum Kauf einer Sickenmaschine oder ähnlichen Gerödels schreitet – geschenkt. Wichtig ist vielmehr, dass man den Horizont des eigenen Werkstattwissens erweitert.

Und vielleicht dengelt man ja den nächsten Schweller selbst – dann, wenn man eine provisorische Flickschusterei aus den 1980er-Jahren in Ordnung zu bringen gedenkt …?

Edition Oldtimer Markt, Peter Steinfurth: Praxishandbuch Schweißen. Grundlagen – Technik – Praxis. Heel Verlag Königswinter 2016 (3. Auflage), 125 Seiten, über 500 Farbabbildungen, 215 x 300 mm, gebunden, ISBN: 978-3-86852-903-6, 24,99 Euro.

Edition Oldtimer Markt, Ed Barr: Schweißen & Blechbearbeitung für Fortgeschrittene – Praxishandbuch. Schneiden – Formen – Gestalten. Heel Verlag Königswinter 2017, 300 Seiten, ca. 500 Abbildungen, gebunden, 215 x 302 mm, ISBN 978-3-95843-502-5, 49,95 Euro.

Heiko P. Wacker