50 Kilometer Zukunft: Reise in die Geschichte des T2 E-Bulli
Bei Elektromobilität denken die meisten von uns an die Zukunft oder die Gegenwart. Doch Volkswagen ging bereits beim T2 relativ weit mit der Idee der Elektrifizierung.
Volkswagen und Elektromobilität - da denken viele an Zukunft. Doch auch beim Blick zurück, möglich zum Beispiel im ZeitHaus der Autostadt, tauchen elektrisch angetriebene Fahrzeuge auf. Der Grund: Wenn es um alternative Antriebe geht, war Volkswagen immer wieder Vorreiter. Zum Beispiel 1970, als sich der Wolfsburger Konzern mit dem Elektrokonzern Bosch, dem Energieversorger RWE und dem Batteriehersteller Varta zusammentat. Der legendäre Bulli der Generation T2 entstand als vollelektrisches Fahrzeug mit damals beachtlichen 50 Kilometern Reichweite. 120 Exemplare wurden ab 1972 weitgehend in Handarbeit gebaut.
Zeitreise in die Vergangenheit
Fast ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 2019, wurde eines der wenigen erhaltenen Exemplare für eine Promotion-Tour in Asien benötigt. Das ZeitHaus besitzt einen solchen Elektro-T2, Jahrgang 1979. Nur fahrbereit war er leider nicht mehr. Daher ging Museumsleiter Andreas Hornig ans Werk. Nachdem zunächst ein Entwicklungsdienstleister mit der Restaurierung betraut wurde, fand Hornig kundige Experten beim Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Systemtechnik in Kassel. Professor Marco Jung übernahm die Projektleitung, ein Team um Roland Gaber kniete sich tief in die Technik hinein. Seit 1990 befasst sich Gaber mit E-Autos von Volkswagen, damals für Siemens - von dort kamen die Elektromotoren. Und er erinnerte sich: Obwohl die Produktion des T2 längst eingestellt worden war, liefen noch etliche Exemplare im Werkverkehr.
Die Restaurierung wurde zur Zeitreise in die Geschichte des Elektroantriebs, denn die Technik hatte sich längst völlig gewandelt. Vor allem in Bezug auf den Energiespeicher: Die im Fahrzeugboden angebrachten Bleibatterien wogen fast eine Tonne. Man konnte sie zur Wartung mit einem Gabelstapler herausziehen; im Prinzip handelte es sich um ein Wechselbatterie-Konzept.
Auch sonst war der Wartungsbedarf nicht unerheblich. Die Steuerung des Elektromotors erwies sich "aus heutiger Sicht als sehr störanfällig, es gab auch Verschleiß", so Gaber. Volkswagen setzte beim T2 noch auf "Klappertechnik", also eine festverdrahtete Steuerung; die Stromrichter waren von Hand gebaut, die Widerstände aufgelötet. Das Fahrzeug operiert mit 144 Volt, der von Siemens gebaute Gleichstrom-Motor leistet 15 Kilowatt, was 22 PS entspricht. Erst seit dem elektrischen Golf der dritten Generation setzt Volkswagen auf Wechselstrom-Motoren.
Originalität hat Vorrang
Für Jung und Gaber stand fest: Man wird die alte Technik wieder zum Laufen bringen. Unter Zuhilfenahme alter Schaltpläne wurde jedes Bauteil geprüft, die Stecktechnik repariert, Kontakte und Schraubverbindungen gereinigt. "Zwei Wochen lang haben wir erst einmal alles saubergemacht", lacht Jung. Sie hätten es sich auch leichter machen können. "Natürlich kann man auch einfach Gabelstapler-Technik in die T2-Hülle stecken", sagt Gaber. "Aber das wäre Blendwerk." Am Ende lief der T2 wieder perfekt und der taubenblaue Klassiker trat bei einer Vorstandspräsentation auf - ein starkes Symbol für die Innovationskraft der Marke.
Wie fährt sich der Elektro-Transporter? Gar nicht schlecht, doch aus heutiger Sicht eher behäbig, findet Gaber. Und berichtet, die Fahrzeuge seien vorwiegend im Flachland bewegt worden; bei einer Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h war Schluss. Wenn doch mal eine Gefällstrecke absolviert wurde, mussten sie darauf achten, die Drehzahlgrenze des Motors nicht zu überschreiten. Den Rückwärtsgang legt man per Schalter ein. Gaber: "Ich erinnere mich gut daran, denn der musste bei der Restaurierung ersetzt werden."
Nach der Promotion-Tour in Asien kehrte der Transporter wieder ins ZeitHaus zurück. Dort wartet der Elektro-Pionier - der Urahn des elektrischen Bullis ID. Buzz, der ab 2022 in Hannover vom Band laufen wird - nun in fahrbereitem Zustand auf seine nächste Ausfahrt.