65er-T1: Vom Polizeiauto übers Hippie-Mobil zum Lebenstraum
Nach drei Jahren aufwendigster Restaurationszeit ist der 1965er T1 Kombi von Gerrit Klaus Brunke endlich fertig. Das ehemalige Polizeifahrzeug und spätere Hippie-Mobil schlummerte zuvor 16 Jahre lang in einer Werkstatt. Gerrit Klaus Brunke erzählt hier über seinen T1.
Hallo Bullifreunde!
Im November 1965 wurde mein T1 Kombi als Polizeiauto der Stadt Hildesheim in der Farbe "Dunkelgrün", die man noch aus alten Derrick-Filmen kennt, erstzugelassen. Der Bulli diente mit seiner einfachen Wohnmobilausstattung als Observationsfahrzeug.
Nach einigen Jahren im Polizeidienst und späterer Übernahme durch einen Beamten in dessen Privatbesitz, muss der Bulli den 68ern in die Hände gefallen sein.
Man entschied sich den Wagen in Gelb und Weiß anzustreichen und ihn seiner Hippie-Bestimmung zuzuführen.
In den 90er Jahren kaufte ein Tischler aus dem Süden Deutschlands den Kombi. Nach einigen Jahren des Einsatzes beschloss er den Wagen aufarbeiten zu wollen. Er meldete ihn im Jahr 1999 ab und stellte den Bus trocken in seiner Schreinerwerkstatt ab.
Wie so vielen Projektvorhaben, erging es auch diesem. 16 Jahre lang tat sich nichts. Dann kam die schockierende Nachricht, dass die gemietete Werkstatt abgerissen werden sollte und der Auszug bevor stand.
Nicht Willens, dieses Juwel des deutschen Wirtschaftswunders einfach über das Internet zu verkaufen, fragte der Besitzer im Freundeskreis nach möglichen Käufern. Ein guter alter Freund (witziger Weise aus dem Raum Hildesheim) leitete erste Bilder über seinen Sohn zu meinem guten Freund Sven weiter, der ihn mir offerierte.
Ich beschloss an Ostern 2015 die Reise nach Süddeutschland anzutreten und kaufte den T1. Sein Zustand war besser als so manch anderer, den ich im Laufe der Jahre gesehen hatte und er war komplett.
Bei seiner Abholung ist er sogar aus eigener Kraft auf den Transportanhänger gefahren.
Welchen Zeitraum und welche Kosten die Vollrestauration in Anspruch nehmen würden, war zu diesem Zeitpunkt völlig unklar. Hätte ich die Fakten gekannt, ich hätte meinen Bulli sicher stehen lassen.
Ich entschied mit Sven, dass dieser den Wagen komplett in alle Einzelteile zerlegen sollte und wir ließen die Karosserie im Abbeizbad von jeglichem Spachtel und Lack der Jahrzehnte befreien.
Was zum Vorschein kam war ehrlich, aber erschütternd.
Nach 200 Stunden Schweißarbeit verbrachte ich die Rohkarosserie zu einem Unternehmen, in dem sie erneut entrostet wurde. Danach bekam der Bulli eine KTL-Beschichtung (kathodische Tauchlackierung).
Dies ist ein Verfahren, bei dem die zu beschichtende Karosserie elektrisch negativ geladen ist und in ein Lackbad mit positiv geladenen Lackpartikeln getaucht wird. Diese Partikel werden von dem Blech angezogen, auf ihm abgeschieden und bilden dort einen gleichmäßigen Film über die gesamte Oberfläche. Nach Aufbringen der Lackschicht erfolgt eine Wärmebehandlung (Einbrennen) bei 180 °C.
Dann begannen die Spachtelarbeiten und die 2-Farben Lackierung. Ich entschied mich für zwei originale Farbtöne aus dem VW-Regal, die jedoch eigentlich beim T3 (Sondermodell Westfalia Atlantic) zum Einsatz kamen. Nun begann für Sven der mühevolle Weg des Wiederzusammensetzens. Keine Schraube wurde wieder verwendet. Der Motor wurde überholt (1500 ccm und 44 PS), das Getriebe durch eines vom Käfer ersetzt und die Hinterachse auf Schräglenker umgebaut.
Die Sitze und Innenverkleidungen im Fahrerhaus wurden von einer Sattlerin neu aufgebaut und mit abgestepptem BMW-Leder und Alcantara auf der Sitzmittelbahn bezogen. Alle Dichtungen wurden erneuert und die Stoßdämpfer durch neue Bilstein-Dämpfer ersetzt. Die Trommelbremse auf der Vorderachse wich einer nagelneuen Scheibenbremsanlage eines Porsche 944 mit einem nachgerüsteten Bremskraftverstärker.
Um die Vorgaben der H-Zulassung weiterhin zu erfüllen, entschied ich einen Nachbau einer Fuchs-Felge in 15 Zoll eines schweizer Herstellers zu verwenden, deren Sterne noch in Wagenfarbe Weiß lackiert wurden.
Nach dreijähriger Restaurationsdauer, die meinem Freund Sven und dessen Familie alles abverlangte und auch mich zeitweise an den Rand der Verzweiflung brachte, konnte ich meinen automobilen Lebenstraum am Maikäfertreffen 2018 in Hannover übernehmen und zurück ins Siegerland fahren.
Ich hoffe auf viele schöne Fahrten und Bulli-Treffen. Die Reaktionen, die einem am Steuer eines T1 im Straßenverkehr entgegen gebracht werden, sind wunderschön und toppen alles, was ich bisher in meiner fast 20-jährigen Bulli-Zeit erlebt habe.
Viele Grüße,
Gerrit Klaus Brunke
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