Im T2 zum Nordkap
Marina und Klaus Urbanek aus Langenberg bauten Anfang der 80er-Jahre einen T2 zum Camper aus und fuhren bis zum Nordkap. Eine Geschichte über Fjorde, Mücken, Rentiere, Vollbremsungen und den Wert von Whiskyflaschen.
Unsere Bulli-Reise- und Abenteuerzeit begann im Jahre 1982, damals mit einem nur mit dem Nötigsten ausgestatteten Scheibenbus: Klapp-Schlafsitzbank, ein paar Stauschränke und ein Spirituskocher. Damit unternahmen wir unsere erste Urlaubsreise nach Schweden. Wir waren gerade mal 20 Jahre alt, keine Reiseerfahrung, kein Geld, aber unter der Sitzbank 25 Dosen Erasco-Fertiggerichte.
Naja, was soll ich sagen, der Urlaub war nicht so prickelnd, was allerdings nicht nur an der Verpflegung lag. Aber wir waren ja lernfähig und beschlossen, im nächsten Jahr alles besser zu machen.
Als erstes musste ein gescheitetes Fahrzeug her. Nachdem wir lange einen gebrauchten Campingbus gesucht hatten und nichts Passendes fanden, stand unser Entschluss fest: Wir bauen einen Bulli selber aus. Ein gepflegtes Fahrzeug zum akzeptablen Preis war auch relativ schnell gekauft, doch jetzt ging die Arbeit erst los: Heizung, Schlafgelegenheit, Schränke, Spüle, Kühlschrank und letztendlich einen zweiflammigen Gaskocher, die Speisekarte sollte etwas abwechslungsreicher ausfallen, als beim letzten Mal. Leider hatten wir die Ausbaukosten unterschätzt und das geplante Hub-Schlafdach wurde gestrichen und durch ein Steh-Hubdach ersetzt.
Nachdem der Bulli reisefertig war, fehlte nur noch das passende Ziel. Skandinavien hatte uns schon gut gefallen, aber wir wollten weiter: Endstation Nordkap. Das hatte doch seinen Reiz. Zum Glück hatten wir vier Wochen Zeit und so begannen wir die Route auszuarbeiten: Mit der Fähre nach Schweden, an der Küste über Göteborg nach Norwegen und dann immer geradeaus in Richtung Norden. Soweit das möglich ist in Norwegen. Man musste immer wieder die Fjorde umfahren oder mit der Fähre übersetzen und Abstecher zu Sehenswürdigkeiten einplanen. Aber es war ja Urlaub.
Drei Tage planten wir für das Kap selber ein, die Rückfahrt sollte über Finnland gehen, mit der Fähre nach Stockholm und dann wieder Richtung Heimat. Das Ganze haben wir auch erstaunlicherweise prima umgesetzt.
Einiges ist noch in Erinnerung wie gestern: die erste Überfahrt mit der Fähre, der reizvolle Geiranger-Fjord, das Rentierfell und -geweih, das wir gegen eine Flasche Whisky getauscht haben, das Nordkap selber bei Regen und Nebel. Von wegen malerische Sonnenuntergänge. Am vierten Tag gaben wir es auf und kauften uns eine Ansichtskarte.
In Finnland machten wir Bekanntschaft mit der heimischen Tierwelt: Mücken ohne Ende, und wir wunderten uns, warum die Leute auf dem Campingplatz alle in ihren Fahrzeugen saßen.
Bei einer etwas verspäteten Anfahrt zum Übernachtungsplatz bekamen wir auch größere Tiere zu Gesicht: Rentiere, die aus dem Nichts plötzlich im Scheinwerferlicht standen und uns verdutzt ansahen. Seit dieser Vollbremsung verstauten wir unser Geschirr im Bulli auch besser.
Aber was soll’s. Ein paar kaputte Tassen waren auch der einzige Schaden eines tollen Urlaubes. Der Bulli lief problemlos wie ein Uhrwerk die Gesamtstrecke von rund 8.500 Kilometern.
Und meine Frau schlug sich auch tapfer mit ihrem Gehgips, den sie aufgrund eines Unfalls noch vor dem Urlaub verpasst bekam. Somit waren die Aufgaben wenigstens klar verteilt und sie zauberte aus der Campingküche doch immer wieder leckere Mahlzeiten.
Vier Wochen mit vielen unvergesslichen Erlebnissen, die Appetit auf mehr machten, lagen am Ende hinter uns. So folgten dieser Tour zwangsweise noch viele andere: Italien, Spanien, Frankreich, Korsika und seinerzeit noch Jugoslawien – und immer war der Bulli ein treuer und zuverlässiger Begleiter.