Mit dem Bulli in Makedonien
Die Einreise nach Makedonien ist locker. Die Grenzer sind lustig drauf, sprechen Englisch und etwas Deutsch. In Strugar, der ersten Stadt, machen wir einen Bummel und tauschen einige Euros in Dinare um.
Wir bekommen Cappucino mit ganz steifer Sahne und beobachten das Treiben der Innenstadt. Hier leben slawische Makedonier und eine große albanische Minderheit, deren Männer häufig den filzenen Fez auf dem Kopf tragen. Nach Unruhen und Vermittlung der EU haben sie es geschafft, über eine neue Verfassung zu einer gerechteren Beteiligung am Geschick des Landes zu kommen.
Wir schlendern durch die Straßen, probieren das auch hier bekannte, an jedem Kiosk angebotene Börek-Gebäck und kommen schließlich zu einem großen Markt. Dafür sind wir immer zu haben. Da ist das Volk. Da ist’s bunt. Ein Mann spricht uns an. Klein ist er wie von hohem Alter. In feinstem Deutsch spricht er: „Verzeihen Sie, ich höre Sie Deutsch sprechen. Darf ich Sie auf eine Tasse Kaffee einladen? So gern würde ich etwas über meine liebe alte zweite Heimat erfahren.“
Zaim Volina aus Radolista nimmt uns mit in ein Straßencafé, wo wir über Politik, die Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit in Deutschland, über seinen deutschen Wohnort in Hessen und seiner Arbeit als Monteur im Opelwerk über so viele Jahre, über die Situation seiner albanischen Landsleute im heutigen Makedonien reden und wie sich die Volksgruppen begegnen. Ist das eine Art, in ein Land zu kommen!
Am Ohrid-See entlang in die Stadt selben Namens. Am Campingplatz laufen die Saisonvorbereitungen. Die Seeseite hat noch keinen Strom, man will uns aber nicht wegschicken. Wir sollen uns vor eines der Ferienhäuser stellen, wo wir Strom entnehmen und das Bad nutzen können. Wir waschen Kleidung und trocknen sie an der Markise in der Sonne, lesen und werden von den Arbeitern eingeladen, mit ihnen das Fußball-Europameisterschafts-Spiel in der Rezeption zu schauen.
Bei einem Spaziergang am Abend am See entlang mutet die Landschaft an wie ein Set aus einem Fantasyfilm, wenn die Heimat der „Guten“ gezeigt wird: Grüne Wiesen und Wälder am Ufer, Schilfinseln im See, die hohen Berge auf der albanischen Seite im Westen und im Süden. Die Stadt Ohrid hat eine geschäftige Fußgängerzone und schöne Häuser – aus Sandstein oder weiß verputzt. Bekannt ist der Schmuck aus Ohrid-Perlen: polierte dicke Schuppen von Fischen aus dem See, die diagonal durchbohrt zu Halsketten, Armbändern und Ohrringen verarbeitet werden und weiß und wie Perlmutt schimmern.
Wir wollen weiter nach Griechenland und müssen fragen, es gibt keine Schilder. Wir haben keine Griechenlandkarte und bekommen auch keine Gelegenheit, eine zu kaufen. Wir fahren in Richtung Thessaloniki. Es wird dunkel, uns fehlt ein Platz für die Nacht. Auf der Ringstraße schließlich ein Schild mit Camping-Symbol und dem Namen Aigea – aber ohne weitere Angaben. An einer Tankstelle weiß man Bescheid und weist uns mit Gesten und einer Skizze zum Campingplatz. Dabei verwenden die netten Leute gar unsere Schrift.
Wir kommen in völliger Finsternis am Platz an und checken ein. Auf der Restaurantterrasse schauen wir das EM-Spiel England : Frankreich und unterhalten uns bei kleinen Snacks mit einem Griechen aus Deutschland. Kali nichta!
Dieser und die nachfolgenden Artikel von Hermann Hülder sind in 2010 zuerst in der Wattenscheider Lokalausgabe der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" erschienen und wurden mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Autors bei VW-Bulli.de veröffentlicht.