Nicht gesucht und doch gefunden
Durch einen Zufall entdeckte Matthias Hirsch aus dem nordrhein-westfälischen Siegen den verschollenen T3 Carat Prototyp von 1982, lernte dessen Erbauer kennen und will das Fahrzeug jetzt restaurieren.
Es war ein Sonntagmorgen im September 2009. Ich hatte wenig und schlecht geschlafen, war aber trotzdem zeitig aufgestanden, hatte mir Kaffee gekocht und mich damit vor den Computer gesetzt. Im Internet entdeckte ich eine Verkaufsanzeige, in der ein T3 von 1982 angeboten wurde. Das wäre an sich nichts Besonderes gewesen, aber die Bezeichnung „Caravelle Carat“ in Verbindung mit dem Baujahr erregte meine Aufmerksamkeit.
Baujahr 1982 und „Carat“, das konnte nicht zusammenpassen. Der Edelbus „Carat“ war doch erst ab 1983 auf den Markt gekommen. Ein Blick in meine Unterlagen brachte nichts Erhellendes zutage, der Kaffee ebenfalls nicht und so stellte ich mich mit einer Pfeife Tabak vor die Tür in die Morgensonne und rief meinen Freund Dirk Trampedach an.
Dirk fährt seit 20 Jahren T3, hat immer mal einen guten Riecher und prompt gab er mir die benötigte Information: Er besaß nämlich einen alten Sonderdruck von „Auto, Motor und Sport“ aus dem Jahr 1982, in dem der seinerzeit neue Wasserboxer vorgestellt wurde und eben genau dieser „Carat“.
„Prototyp, Vorserienmodell, Studie im Hause Volkswagen, handgearbeiteter Edelbus“ - zunächst wollte ich gar nicht glauben, auf welchen Schatz ich gestoßen war. Dirk und ich gratulierten uns und eines war mir völlig klar: Ich hatte keine Zeit zu verlieren! Mit dem Eigentümer des „Carat“ einigte ich mich umgehend telefonisch und der Kauf war perfekt.
Nach einer Woche vorfreudigem Warten konnte ich mich schließlich stilecht mit meinem T3 WBX Syncro und einem großem Anhänger auf den Weg nach Ostdeutschland machen. Und dort erblickte ich endlich das Objekt meiner Begierde: Das ehemals prachtvolle Fahrzeug stand ungepflegt und mit Reparaturstau wie gestrandetes Treibgut vor mir.
Verbraucht, gefunden und aufgeladen. Entgegen der Aussage des Verkäufers, dass sich das Fahrzeug aus eigenem Antrieb nicht mehr bewegen ließe, schaffte es der Bulli mühelos auf den Transportanhänger. Selbst die angeblich leere Batterie gab sich alle Mühe: Ein Zeichen? Die Fahrt in eine bessere Zukunft konnte für den „Heimkehrer“ beginnen.
Die Krönung war dann die Begegnung mit Herrn Willi P., den ich bei der Eröffnung der Ausstellung „30 Jahre T3“ im Wolfsburger VW-Automuseum kennen lernte. Er ist der Erbauer genau dieses „Carat“-Prototyps und so schloss sich der Kreis nach 27 Jahren.
Herr P. hat seinen Besuch bereits angekündigt. Ich bin gespannt auf das, was sich die beiden „Typen“ bei gemütlichem Zündkerzenschein und einem Glas Hochoktanigen alles zu erzählen haben: „Damals, als man noch Material nach Funktion formte und nicht im Zeitgeist designte…“
Sehr bald soll die behutsame Wiederbelebung des „Carat“ beginnen, deren Ergebnis ich mit Spannung erwarte. Ein erster Erfolg: Unter den nachträglich gelederten vorderen Sitzen kam der Originalstoff zum Vorschein. Darüber hinaus ist nur wenig irreparabel defekt, die Inneneinrichtung ist unbeschädigt und nichts fehlt.
Bald wird er 30 Jahre alt, der gute alte Vorreiter des „Carat“, genau wie es die ersten T3-Busse schon heute sind. Rund 380.000 Kilometer hat der Bulli auf dem Tacho und der Wasserboxer läuft leise. Was für ein Automobil!
Die Fahrzeugdaten:
Erstzulassung : 28.09.1982
Ident.- Nr. ZDH000131
WBX 1.9L mit Einspritzung, ca. 100 PS
4-Gang Schaltgetriebe
Laufleistung ca. 380.000 km
Farbe außen: braunmetallic
Stoff innen: braun Elf eingetragene Fahrzeughalter, der erste dürfte Volkswagen selbst gewesen sein. Eingetragenes original Glashebedach, 185 SR 14 auf atiwe 6x14.
Von der späteren Serie abweichende Details: Andere Kopfstützenform, Seitenplanken ohne Loch für Wagenheber, andere Schalter der E.-Sitze, handgenähte Möbelverkleidung aus Leder, Servolenkung (1982!), Sonderfarben innen und außen, Sonderstoffe, elektrische Sitze hinten, mit Leder bezogene Möbel, Standheizung, Nebellampen, AHK, andere Innenraumverkleidungen und -lampen.