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Schlechte Stimmung in der Caravaning-Branche: Die Höfe sind zu voll

Erst konnten sie die Nachfrage der Kunden kaum befriedigen, jetzt stehen die Höfe der Caravan- und Wohnmobilhändler voll. Die jüngste Entwicklung hat mehrere Gründe.

Neue Wohnmobile warten auf Käufer.

 ©Michael Kirchberger

Erst waren sie leer, die Händlerplätze, jetzt haben sie sich in kurzer Zeit wieder gefüllt. Waren es einst der Mangel an Basisfahrzeugen und die Unterbrechungen der Lieferketten, die zu langen Wartezeiten und dem Bestandsrückgang bei den Reisemobilhändlern geführt haben, so sind es nun gestiegene Preise und vor allem höhere Zinsen, die den Kaufleuten die Planung schwerer macht. Eine von der Augsburger Unternehmensberatung GSR und den Marktforschern bei Miios in Nürnberg vorgenommene Befragung von 100 Betrieben dient erneut als Grundlage für den Caravaning-Branchenindex. Der zeigt im Frühjahr 2024 einen zwar weiterhin hohen, aber dennoch um sieben Punkte zurückgegangenen Stimmungswert von 85 Zählern.

Als Hauptgrund wird eine zurückhaltende Erwartung der Geschäftsaussichten im Verkauf genannt, im Vermietungsgeschäft hingegen ist die Zukunft reizvoll. Immer mehr Urlauber entschieden sich lieber für die überschaubaren Mietkosten eines Reisemobils als für die hohe Investition in ein eigenes Fahrzeug.

Die Mehrzahl der befragten Betriebe sehen erhebliche Herausforderungen im Fahrzeugverkauf angesichts der sehr großen Warenbestände: So gaben zwei von drei Händlern an, mehr Wohnmobile als üblich auf dem Hof zu haben. Und die müssen nach den Erhöhungen der Hersteller zu deutlich höheren Preisen als in den Vorjahren an den Mann oder die Frau gebracht werden. Außerdem drückt die zunehmend hohe Zinsbelastung für die Finanzierung der Lagerware. Viele beschreiben die Verkaufsgeschäfte als zäh, dagegen helfe auch nicht die deutlich verkürzten Lieferzeiten. Die Phase, in der Kunden zum Teil mehr als ein Jahr auf ein neues Reisemobil warten mussten, sind vorüber. Mehr als jeder zweite Händler rechnet im laufenden Jahr mit einem rückläufigen Verkauf, nur jeweils 14 Prozent (Reisemobile) bzw. 15 Prozent (Wohnwagen) erwarten steigende Verkäufe. Etwa jeder vierte rechnet mit einem gleichbleibenden Absatzvolumen. Rückläufig sind unterdessen die Renditen der Betriebe, was unter anderem aus Preisabschlägen resultiert, die angesichts des kritischen Käufermarktes von vielen Händlern gewährt werden müssen.

 ©Michael Kirchberger

Eine ganz andere Aussicht hat der Handel beim Geschäft mit Vermietungen. Mehr als die Hälfte der Anbieter erwarten eine konstante Nachfrage, jeder dritte sogar eine Umsatzsteigerung bei den Reisemobil-Ausleihen. „Für viele Händler ist das Vermietungsgeschäft im Augenblick ein sehr gutes Regulativ“, sagt Niklas Haupt vom Marktbeobachter Miios. „Am grundsätzlichen Caravaning-Interesse hat sich nichts geändert und für viele Menschen ist die Miete eine Alternative zum Kauf und für die Händler eine Chance, nicht verkäufliche Ware einzusetzen.“

Gestiegen ist derweil der Bedarf an Wartungs- und Reparaturarbeiten. Miios geht mittlerweile von inzwischen fast 1,6 Millionen zugelassenen Reisemobilen und Wohnwagen in Deutschland aus, das führe zum Service-Stau in den Betrieben. Etwa jede zweite Werkstatt arbeitet mit ihrer Maximal-Leistung, im Durchschnitt liegt die Auslastung bei sagenhaften 93 Prozent. „Dies ist sehr erfreulich für die Branche, zumal auch erhebliche Umsätze mit Ersatzteilen und Zubehör damit verbunden sind“, so Sabine Weber, Caravaning-Spezialistin bei der GSR Unternehmensberatung. „Allerdings ist die gute Auslastung auch ein Risiko, denn viele Kunden sind nicht bereit, lange auf einen Service zu warten, schon gar nicht während der Urlaubszeit.“

Angesichts des von vielen Unternehmern weiterhin von jedem zweiten Betrieb beklagten Fachkräftemangels sieht GSR Chancen in der Kundenkommunikation, in Aktionszeiten sowie Kooperationen mit anderen Werkstätten.

Michael Kirchberger cen