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Schottland im T2: Auf den Trails nach Westen

Colette und Axel Reimann bereisten 2017 in ihrem T2 Westfalia, Baujahr 1973, gute drei Monate lang Schottland und Irland. Im ersten Teil des Reiseberichts geht es durch Schottland.

Hafen von Zeebrugge mit der Fähre „Pride of York“.

 ©Colette und Axel Reimann

Single-Road-Trails heißen die kleinen schmalen Straßen, die oft zwischen Natursteinmauern und wenn man Pech hat gerade nur mit wenigen Ausweich-Möglichkeiten durch Schottland und Irland führen … Auf der anderen Seite ist das natürlich gerade der Grund, warum wir diese Regionen im Nordwesten von Europa mit dem Bulli erkunden und erfahren. Wir waren 2017 gute drei Monate mit unserem „Busle“ (VW-Bus T2 Hochdach, Westfalia-Ausbau, Bj. 1973) dort.

Unsere Route kann man aber gerne auch auf zwei Mal (z.B. in zwei Sommerurlauben) oder etwas schneller und kürzer in einem langen Urlaub nachfahren. Für die reine Autofahrt (wir waren anschließend noch in Frankreich und in Spanien) ab Stuttgart wird man danach rund 8000 km mehr auf dem Tacho haben. Hinzu kommen noch etwa 450 Seemeilen (rund 830 km) mit den Fähren.

Ende Mai ging es los: die Anreise führte über Waterloo (historischer Spot) und Brügge (Hafen von Zeebrugge mit der Fähre „Pride of York“. Wir zahlten 339 € für die Nachtfahrt über 250 sm incl. Fracht, 2 Personen und einer Schlafkabine.

Am nächsten Morgen heißt es dann, die Uhren umstellen, an den Linksverkehr gewöhnen (Scheinwerfer abkleben nicht vergessen!) und in Meilen denken. Dazu klebt man sich am besten einen Umrechnungszettel neben den Tacho, so kann man Strafzettel am besten vermeiden.

 ©Colette und Axel Reimann

In Hull bleiben wir länger als geplant. Es gibt viele kostenlose Museen. Besonders mit Kindern lohnen sich die Besuche im Transportmuseum und im Maritim-Museum. Über York mit seinem alten Turm und der Kathedrale fahren wir weiter ins Hochmoor und nach Pickering mit seinem alten Bahnhof, den jedes Kind aus der Verfilmung der Harry Potter-Bücher kennt.

Wir fahren weiter an der Küste entlang nach Norden. Zum Übernachten findet man besonders als Bullifahrer (also mit kleinem Fahrzeug!) öfter nette Plätze. Interessant sind auf der ganzen Tour auch die ausgewiesenen, oft kostenlosen Stellplätze, oft mit WC und WARMEM (!) Wasser, manchmal sogar mit Dusche. Wir haben auf der Rundreise jeden Tag ein Schlafplätzchen gefunden.

Über Whitby, der Heimat der Walfänger, fahren wir dann zum ersten Seebad: Saltburn by the Sea. Hier sollte man unbedingt mit der „Cliff Railway“ von 1884 runter zur Landungsbrücke fahren. Die „Railway“ funktioniert mit Wasserkraft.

Über Newcastle mit seinen sieben Brücken über den Fluss Tyne kommen wir nach langsam nach Schottland.

 ©Colette und Axel Reimann

Entlang am „Hadrians Wall“ (dem schottischen Limes) geht es Richtung „Gretna Green“. Hier im ersten Haus nach der schottischen Grenze, der Schmiede, hatten viele junge Liebespäarchen aus England nach der Flucht aus der Familien-Obhut gegen den Willen der Eltern geheiratet. Der Schmied war gleichzeitig Standesbeamte und so war die Ehe rechtsgültig. Noch heute kommen viele Paare nach Gretna Green um hier ganz romantisch und offiziell zu heiraten. Es gibt einen richtigen Hochzeitstourismus. Über Jedburgh (Castle von Queen Mary Stewart), Melrose und Dunbar geht es weiter Richtung Edinburgh, der Hauptstadt von Schottland.

Vorher übernachten wir noch in Gullane, wo Bäckermeister Falko Burkert aus Heilbronn in seinem Café deutsche Kuchen und schwäbische Brezeln verkauft. Adresse: Gullane, Goose Green Road. Edinburgh ist natürlich wieder sehr geschichtsträchtig. Am Firth of Forth , dem Fjord von Edinburgh, entlang geht es weiter Richtung Sterling und Perth.

Hier überspannt die alte Eisenbahnbrücke „Forth Rail Bridge“ den Firth of Forth. Die eindrucksvolle Brücke ist von 1890 und immer noch in Betrieb!

 ©Colette und Axel Reimann

Langsam kommen wir nun in die Highlands. In Kingguissie im „Highland Folk Museum“ lernt man viel über das alte Leben der Schotten. Besonders interessant auch für Kinder und der Eintritt ist frei.

Natürlich werden auch alle anderen touristischen Klischees erfüllt, an die man als Deutscher direkt beim Stichwort „Schottland“ denkt. So kommen wir auf dem Weg zu Nessie durch Lynne of Dalrachney. Hier steht noch der Bogen der Brücke von 1717, die Old Packhors Bridge (Carr Brigde). Sie ist die älteste Brücke in den Highlands.

Und am „Chanonry Point Lighthouse“ (dem Leuchtturm von Chanonry) können wir in der Bucht tatsächlich Seehunde und Delphine beobachten.

 ©Colette und Axel Reimann

Am nächsten Mittag fahren wir dann mit einer der kleinsten Auto-Fähren der Welt über den Cromatry Firth (Fjord) nach Nigg Ferry: rückwärts rauf und vorwärts runter.

Weiter geht es nach Norden, nach Dunrobin Castle der Stammburg der Earls von Sutherland und das nördlichste Highland-Schloss. Das Castle hat 189 Zimmer und wurde nach und nach um einen Wohnturm aus dem 13. Jahrhundert gebaut.

Am Loch Ness treffen wir dann auf Nessie persönlich. Er ist hier in jedem Andenkenshop zu finden.

Loch heißt See, ein germansiches Wort, das es bei uns noch in „Laache“ gibt und auch in „Maria Laach“ als Name für das Kloster an dem Vulkansee bei Andernach. Nessie das Fabelwesen wird professionell vermarktet, egal ob Shop, Hotel, Bootsverleih oder Museum: alles mit Nessie.

 ©Colette und Axel Reimann

Natürlich waren wir auch in Culloden.

Das Schlachtfeld von Culloden ist tragische Historie. Am 16. April 1746 kam es hier zur großen Entscheidungsschlacht, in der die zahlenmäßig weit überlegenen Engländer die Schotten unter Bonnie Prince Charlie besiegten. 1200 Schotten ließen hier ihr Leben, denn es wurden keine Gefangene gemacht.

In den Highlands trafen wir dann auch echte Schotten im Rock.

 ©Colette und Axel Reimann

Und dann fanden auch auf der Weiterfahrt bei Fort Augustus endlich die berühmten Hochlandrinder, die man zwar in jedem Touri-Shop auf den Postkarten findet, aber wir doch nie in Natura bestaunen konnten. Die Mitarbeiter in diversen Touristik-Büros konnten uns da auch keine Tipps geben. Fünf Rinder sind es, etwas abseits einer kleinen Straße weiden sie. Der Enkel der Besitzerin kommt zufällig vorbei auf seiner Inspektionsrunde mit dem Quad. Er spricht gut deutsch, hat in Österreich studiert. Früher hatten sie die Rinder gezüchtet, das lohnt sich aber nicht mehr und war auch sehr mühselig. Und so bekommen die fünf „Highländer“ hier auf den Wiesen ihr Gnadenbrot. Übrigens zur Unterscheidung: die Mädels haben die Hörner nach außen gebogen, die Jungs nach oben.

Kurz nach diesem Fotostopp kommen wir nach Fort Augustus mit der Wassertreppe. Fünf Staustufen müssen hier die Boote auf dem Caledonian Canal überwinden, um vom oberen See „Loch Oich“ in den unteren See „Loch Ness“ zu kommen. Ein großes Spektakel für alle Zuschauer und purer Stress für manchen Freizeitskipper, der sich hier für seinen Urlaub ein Hausboot gemietet hat. Bei nassem und nebeligem Wetter fahren wir weiter am Glen Shiel vorbei zu einem der berühmtesten Fotomotive hier in den Highlands. Kurz vor der Brücke zur Isle de Skye taucht es auf: „Eilean Donan Castle“, eines der berühmtesten Postkartenmotive in Schottland.

 ©Colette und Axel Reimann

Anschließend geht es in langsamem Tempo mit sehr, sehr viel Seitenwind für unseren windanfälligen „Highroof“ über die Hochbrücke (Skye Brigde) auf die berühmte „Isle de Skye“. Die Insel gehört schon zu den Hebriden, liegt also ganz weit im Westen von Europa! Das Wetter ist einfach eine Enttäuschung für diesen Inselbesuch. Teilweise kann man die Landschaft nur erahnen. Und es soll noch tagelang so bleiben. Klar, die Insel heißt ja auch auf schottisch „Eilean a' Cheò“ (dt. Insel des Nebels). So wird es für uns eine schnelle Runde: zuerst Cuillin mit der Inselbrauerei mit den vier Biersorten und der Brigde of Cuillin.

Nächster Halt ist Inveraray. Hier gibt es ein paar Sachen zum Anschauen: das Stadtgefängnis ist heute kindgerechtes Museum und Argyll Castle lädt mit seinem Garten zum Besuch.

Das Wetter hat sich leider nicht wesentlich gebessert: viel Nebel und Nieselregen begleiten uns. Vorbei geht es an den Seen Loch Long und Loch Lomond. Eigentlich eine sehr schöne Strecke in wunderschöner Landschaft (bei Sonnenschein!). Aber ganz ehrlich: wir sind froh, als wir endlich in Glasgow ankommen und im Einkaufszentrum an der Fairhill Avenue zumindest kurzfristig aus dem Regen raus sind.

Am nächsten Tag kommt endlich wieder die Sonne durch. Also ideal für eine Stadtbesichtigung Früher war Glasgow eine reine Industriestadt, aber inzwischen hat sich die Stadt am River Clyde richtig rausgeputzt und bietet für seine Besucher sehr viele Attraktionen. Die Stadt unterhält alleine acht Museen, die alle kostenlosen Eintritt bieten! Noch ein besonderer Tipp: im Rathaus (City Chambers) darf man sich zu den üblichen Öffnungszeiten etwas im Eingangsbereich umsehen. Aber jetzt kommt es: zweimal am Tag gibt es eine kostenlose Führung! Die um 15 h passt uns super in den Tagesplan und es gibt noch Karten.

 ©Colette und Axel Reimann

Es gibt aber noch mehr zu entdecken: gleich in der Nähe ist die Kathedrale „Glasgow Cathedrale St. Mungo“ aus dem 12. Jahrhundert. Das Besondere ist die riesige Krypta als „Kirche unter der Kirche“ mit dem Grab von St. Mungo, der hier an dieser Stelle im 6. J. ein Kloster gründete. Anschließend darf natürlich ein Besuch auf dem berühmten Friedhof „Western Necropolis“ mit den vielen Mausoleen und imposanten Grabdenkmälern nicht fehlen. Von den 8 städtischen Museen haben wir nur 3 besucht. Das für uns attraktivste war das erst ein paar Jahre alte Riverside Museum (2011).

Hier werden in dem von der berühmten Architektin Zha Hadid entworfenen Bau Fahrzeuge jeglicher Art ausgestellt. Zu besichtigen sind alte Lokomotiven, Straßenbahnen, Busse (ja, auch ein VW Bus!), Autos, zwei U-Bahnen und sogar ein großer Dreimaster, der direkt vor der Tür am Kai fest gemacht hat. Manche Stücke sind in richtigen Kulissen aufgebaut und auch die U-Bahnen sind in nachgebauten Bahnhöfen zu bewundern.

Unser nächstes Ziel war New Lanark, wo man Sozialgeschichte aus dem 18. Jh. hautnah erleben kann. Ein Besuch in dem etwas abgelegen Teil des Clyde River Tals lohnt sich sicher für Jung und Alt. 1785 hat der Textilkaufmann David Dale hier eine Baumwollfabrik gegründet und auch erste Arbeiterhäuser gebaut. Berühmt wurde New Lanark durch seine Schwiegersohn Robert Owen, der die Fabrik von 1800 bis 1825 geleitet hat. Owen brachte als Sozialreformer viele Sozialideen von hier aus in die Welt: auch der erste Konsumladen ist hier entstanden. Die Arbeiterwohnungen waren familiengerecht. Er gründete eine Schule mit Schulpflicht für die Arbeiterkinder und es gab den ersten Kindergarten der Welt sowie eine Abendschule für die Erwachsenen. Auch eine Sparkasse wurde gegründet.

 Die Fabrik ist heute ein einziges großes Museum und schaut aus, als ob gestern noch alles in Betrieb war. Man kann sich auch die Schule und die Arbeiterwohnungen anschauen. Kinderarbeit (damals ab 9 J. üblich) hat Robert Owen nicht erlaubt. Frühestens ab 12 Jahren durften die Kinder in die Fabrik. Und die Wochenarbeitszeit war auf 60 Std. begrenzt (6 Tage à 10 Std.). 2500 Menschen lebten hier in der Arbeitersiedlung. Annie McLeod ist ein Arbeiterkind gewesen und erzählt uns als „guter Geist“ die Geschichte der Fabrik und der Siedlung bei einer Rundfahrt mit der Indoor-Gondelbahn durch die alte Spinnerei sehr anschaulich („Anni McLeod Experience Ride“).

 ©Colette und Axel Reimann

Nach dem Ausflug in die Sozialgeschichte und einem Spaziergang am Fluss entlang (sehr zu empfehlen!) fahren wir weiter nach Ayr on Sea.

Hier können wir mal wieder direkt am Wasser übernachten. Das tut uns natürlich gesundheitlich wieder sehr gut, ungestört in frischer Meeresluft schlafen.

Das Wetter ist leider immer noch nicht so, dass es einen langen Strandspaziergang erlaubt, aber zumindest das Städtchen schauen wir uns kurz an. Hier steht ein Denkmal für den berühmten Dichter Robert Burns und auch seine Lieblingskneipe „Tam O‘ Shanter Inn“ öffnet seit 1749 noch jeden Abend ihre Tür.

 ©Colette und Axel Reimann

Ein paar Meilen weiter südlich liegt Alloway und das Geburtshaus des Poeten (*1759). Der Name Robert Burns sagt Euch nichts? Nun zumindest kennt Ihr sicher das alte Pfadfinderlied, das bis heute an keinem Lagerfeuer fehlen darf und oft im Musikunterricht in der Schule einstudiert wird: „Nehmt Abschied Brüder, ungewiss ist unsere Wiederkehr …“ (franz.: „Fault-il nous quitter sans espoir de retour?“) Im Original heißt es „Auld lang syne“ und stammt von 1794...

Von Ayr sind es dann nur noch rund 100 km bis zur Fähre nach Irland rüber. Bis dahin gibt es aber am Firth of Clyde auch noch einiges zu sehen! Culzean Castle zum Beispiel, in der Nähe von Maybole, ein Schloss aus dem 18. Jahrhundert in einer riesigen Parkanlage, direkt am Meer. „Culzean Castle and Country Park – Ayrshire“ ist eines der beliebtesten Ausflugsziele am Firth of Clyde. Die Parkanlage mit See ist über zwei Hektar groß und durch den Abenteuerspielplatz auch bei den kleinen Besuchern beliebt. Viele Räume sind eingerichtet und im Schloss ist eine der größten mittelalterlichen Waffensammlungen Großbrittaniens untergebracht. Am Nachmittag sind wir dann weiter nach Girvan gefahren, einem kleinen Fischerhafen in Süd- Ayrshire.

Dort bleiben wir dann noch zwei Tage in Schottland, bis unsere gebuchte Fähre von Stranraer nach Larne (Nord-Irland) abfährt.

Fortsetzung (Teil 2 Irland) folgt. Lust auf mehr Infos, um eine Reise zu planen? Den Blog mit insgesamt 80 Beiträgen über die Schottland-Irlandreise von uns findet Ihr hier: Link: https://europa-im-camper.blogspot.com/2017/05/

Colette und Axel Reimann