T2-Hybrid-Bus-Taxi
Generator? Hybridantrieb? E-Motoren? Alles neuzeitlicher Öko-Schnick-Schnack? Denkste! Eine Taxifahrt zurück in die Zukunft, als man noch das Jahr 1977 schrieb und VW seiner Zeit mehr als eine Tankfüllung voraus war.
Man stelle sich das mal vor: Volkswagen stellt ein umweltgerechtes Hybridfahrzeug für den Großstadtverkehr vor. Als Basis dient ein mit üppigem Raumangebot gesegnetes Auto aus der hauseigenen Produktion – na klar: der VW-Bus. So weit, so gut und nicht weiter ungewöhnlich. Das Besondere daran: Wir schreiben das Jahr 1977.
Es ist ein Jahr, in dem überhaupt einige Weichen in Richtung Zukunft gestellt werden: Jimmy Carter wird als 39ter Präsident der USA vereidigt, im Oktober 1977 mustert die Deutsche Bundesbahn ihre letzte Dampflok aus, Sylvester Stallone wird in Los Angeles für seine Hauptrolle in „Rocky“ für den Oscar nominiert und David Bowie bringt sein zukunftsweisendes Album „Heroes“ auf den Markt. An den Visionen über eine bessere Zukunft beteiligt sich auch Volkswagen. Mit seinem „City-Taxi“ steuert der Konzern ein Auto für das New Yorker „Museum of Modern Art“ bei. Die dortige Schau hat das Ziel, Beispiele für zweckmäßigere Taxifahrzeuge zu liefern. „Das verkehrs- und umweltgerechte Fahrzeug für innerstädtische Ballungsgebiete und damit eine beträchtliche Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt“ , so das Leitmotto des Museums.
Allerdings ist das dort gezeigte Fahrzeug keine Kunst, sondern in erster Linie solides Automobilbau-Handwerk. Eine bahnbrechende Besonderheit gibt es am Taxi auf Basis des als „T2“ bekannten VW-Busses dennoch: nämlich den Antrieb. Für Vortrieb im City-Taxi der Wolfsburger sorgt eine Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor, heute besser bekannt unter dem Begriff „Hybrid“. Dieser besteht auch damals schon aus einem Ottomotor mit einem hydrodynamischen Wandler und einem elektronisch geregelten Elektromotor.
Der Clou: Dessen Drehmoment wird über eine feste Übersetzung dem Drehmoment des Verbrennungsmotors überlagert, während bei anderen Lösungen der Verbrennungsmotor über einen elektrischen Generator Strom erzeugt und eine zweite E-Maschine, nämlich den Elektromotor, das Fahrzeug antreibt. Doch das seinerzeit von den Wolfsburgern gewählte Überlagerungsprinzip führt zu einem geringeren Konstruktionsaufwand sowie zu einem verbesserten Wirkungsgrad.
Und schon 1977 formuliert VW ein bis heute aktuelles Problem von Elektroautos: „Elektromobile sind zwar unabhängig von flüssigen und gasförmigen Treibstoffen – andererseits jedoch beschränkt in Nutzlast und Reichweite.“ Aber die Niedersachsen wussten sich schon damals zu helfen. Die Lösung: der Trick mit dem doppelten Motor: „Durch den Hybrid-Antrieb ist es möglich, das Reichweiten- und Leistungsdefizit des E-Mobils mit einem Ottomotor auszugleichen.“
Im Stadtverkehr treibt also allein der umweltfreundliche Elektromotor das Fahrzeug an, wobei die Energie aus der Batterie genommen wird. Am Stadtrand wird der Ottomotor angelassen. Wenn dessen Leistung nicht voll beansprucht wird, treibt er den E-Motor an. Der arbeitet dann als Generator, der die Batterie wieder lädt. Das wiederum hat niedrigere Schadstoffemissionen zur Folge. Auch heute, mehr als 30 Jahre später, ein brandaktuelles Thema. Das Potenzial seiner Neuentwicklung erkennt VW schon früh: „Aktionsradius und Leistung des City-Taxis entsprechen einem ausschließlich konventionell angetriebenen Fahrzeug“, verspricht Volkswagen. Damit werde „das Taxi zu einem ernsthaften, aussichtsreichen Bewerber als innerstädtisches Transportmittel für die Zukunft“ schreiben die Autobauer seinerzeit.
Ein Prinzip, das nicht nur auf dem Papier, sondern auch bei dem fertigen Konzeptauto prima funktioniert: Das Fahrzeug bietet auf bequemen Einzelsitzen vier Fahrgästen Platz und kann zusätzlich noch einen Kinderwagen oder Rollstuhl aufnehmen. Außerdem steht ein 1.000 Liter großer Kofferraum zur Verfügung. Bequemes Ein- und Aussteigen der Insassen sowie leichtes Beladen ermöglichen zwei seitliche Schiebetüren. Die rechte kann vom Fahrer über eine elektrische Fernbetätigung bedient werden – auch das ein Vorgriff auf heutige Familien-Vans. Zum Fahrer selbst haben die Passagiere keinen direkten Kontakt. Eine schusssichere Trennwand mit großer Scheibe lässt lediglich eine visuelle Verbindung – und auch den Blick auf das Taxameter – zu. Für mündliche Verständigungsmöglichkeit sorgt eine Gegensprechanlage. Ebenfalls vorhanden sind Einrichtungen zum Kassieren und Wechseln des Fahrgeldes.Richtig gut liest sich übrigens folgende Passage aus den damaligen Unterlagen von VW: „Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen vorn und Trommelbremsen hinten, Bremskraftverstärker sind Merkmale, die man eigentlich nur bei teuren, sportlichen Limousinen vermutet.“ Da schau an: der Hybrid-Bus und seine Verwandtschaft zu „sportlichen Limousinen“. Papier ist eben geduldig. Doch mittlerweile reden wir, im beginnenden dritten Jahrtausend, immer noch - oder schon wieder? - über Hybrid-Fahrzeuge. Wie sich doch die automobilen Zeiten ändern, oder eben auch nicht.