Vom Brezel-Käfer zum Brezel-Bulli
Weltbekannt ist der Brezel(fenster)-Käfer, wir haben jetzt den Brezel-Bulli entdeckt, einen T1-Transporter aus dem Jahre 1956. Er gehörte dem Stuttgarter Bäckermeister Emil Huober. Und er sorgte für einen richtigen Aufstieg der Firma aus dem Schwabenland.
Mit diesem 30 PS-Transporter konnte Huober, der 1954 im schwäbischen Erdmannhausen die „Erste Württembergische Brezelfabrik“ baute, seine Kundschaft bedienen. Vermutlich war es die kluge Logistik, die den Umsatz kräftig steigerte. Denn zuvor waren die Brezeln auf einem Anhänger, gezogen von einer schwarzen Borgward-Limousine, ausgeliefert worden.
Dagegen bot der Bulli doch mehr Nutzen – und trug auch hier zu einem kleinen Wirtschaftswunder bei. Obwohl er aus 1192 ccm Hubraum nur 30 PS bei 3300 Umdrehungen erzeugte, half das gut abgestufte Viergang-Getriebe die 75,5 Nm Drehmoment schon ab 2000 Umdrehungen zu nutzen. Als Verbrauch wurden damals 9,5 Liter Normalbenzin angegeben.
Entscheidend war aber wohl die Nutzlast mit 930 kg. So konnte man mit einer Tour die zahlreichen Gaststätten, Kioske und im Sommer auch Freibäder und Ausflugslokale ansteuern und stets wetterunabhängig und gut geschützt frische Brezeln ausliefern.
Die Firma HUOBER BREZEL ist aus der Idee des Bäckermeisters Emil Huober hervorgegangen, aus rein natürlichen Zutaten durch gleichmäßiges Durchbacken eine knusprige Laugenbrezel zu backen, die „immer frisch und knusprig“ schmeckt.
Das Knusprigste an der üblichen Bäckerbrezel, die sogenannten „Ärmchen“ in der Mitte,wo sich die Brezel verschlingt, wurde als Qualitätsmaßstab für das ganze Gebäck neu definiert.
Die Rezeptur dafür hatte Emil Huober bereits 1939 entwickelt, konnte jedoch erst nach Krieg und Gefangenschaft im Jahr 1950 Fabrikationsräume in der Badstraße in Erdmannhausen, einem Bauerndorf an der nordöstlichen Grenze zum Ballungsraum Stuttgart, anmieten.
Seine Frau Grete führte mit Hilfe des Schwiegervaters noch ein Jahr das Ladengeschäft in Stuttgart weiter.
Die Idee und die Qualität der HUOBER Brezeln überzeugten immer mehr, die Stuttgarter Bäckerei wurde bald verpachtet und die 1. Württembergische Brezelfabrik entfaltete sich. Grete Huober übernahm fortan den Vertrieb der Brezeln.
Die Nachfrage stieg weiter und bald waren die HUOBER Brezeln in vielen Lokalen, Freibädern und Kiosken von Ausflugszielen zu haben.
Bei einem Besuch des erst vor einem Jahr eröffneten Brezelmuseums in Erdmannhausen und bei Gesprächen mit der freundlichen Empfangsdame fanden wir noch einige historische Fotos. Eines zeigt den Gründer Emil Huober mit einem seiner Söhne, die heute die Firma leiten. Stets dabei war damals auch der Dackelhund der Familie.
Wer im Schwabenland mal in die Gegend von Marbach kommt, sollte das Brezelmuseum unbedingt besuchen - ein optisches, geschichtliches und literarisches Labsal über dieses köstliche Gebäck.
Das hatte schon Joachim Ringelnatz in „Stuttgarts Wein-und Bäckerstübchen“ in Versform charakterisiert:
"Vor dem heißen Ofen balgen
Katzen sich. Wie dumme Jungen.
Auf dem Tisch an kleinem Galgen
hängen Brezeln, schön geschwungen.
Würdebärte schlürfen kräftig
wichtig diskutierte Weine.
Links im Laden bückt die kleine
Bäckertochter sich geschäftig.
Zinn blitzt von der Holz-Fassade
Zeichnungen an allen Wänden,
stumm, mit mehlbestaubten Händen,
rückt der Wirt die schiefen gerade.
Setzte mich so ganz bescheiden hin
und vergaß auch nicht, sehr laut zu grüßen
Dennoch ließen Blicke mich leicht büßen
dass ich kein Stuttgarter bin…"