Zwei Bullis, zwei "Seebären": Campen am Schiedersee
Bernd Bohle und sein Freund Patty fuhren im Frühsommer mit ihren T3-Bullis zum Ancampen an den Schiedersee. Ein herrlicher Ausflug, von dem Bernd hier berichtet.
Hallo Bullifreunde!
Wir haben es erneut getan: Zwei Männer, zwei Busse, ein Ziel. Und es war gar nicht so einfach, einen passenden "Ankerplatz" zu finden.
Etwas uns noch Unbekanntes sollte es sein, ruhig sollte es sein, aber vor allem am Wasser sollte es sein.
Eine Stündchen Recherche, ein paar Telefonate und Mails später war es dann klar: Der Wohnmobilhafen & Campingplatz am Schiedersee wird zum Austragungsort unseres ersten "Buddy-Weekend" im Jahr 2023.
Tatsächlich bin ich an diesem Freitag ein wenig aufgeregt. Warum, kann ich noch nicht mal sagen, vielleicht weil mein Bus seit einem halben Jahr nicht mehr auf der Piste war, vielleicht aber auch, weil ich ein wenig aus der Übung bin, was die Packerei anbelangt. Alles unbegründet, denn wieso sollte der recht gut gewartete Transporter nicht rollen und warum sollte ich bei der überschaubaren Liste an Equipment ins Straucheln geraten?
Passt! Und so geht es dann direkt nach der Arbeit auf die Straße. Unterwegs reiht sich Kumpel Patty mit seinem T3 California ein, und wir machen uns auf den Weg ins schöne Weserbergland im Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen.
Es geht zunächst über die bewaldete und kurvenreiche Bollert-Bergstrecke in den Solling. Besonders unter Motorradfahrern erfreut sich diese Strecke großer Beliebtheit, wie wir mit unseren knapp 90 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und den vielen an uns vorbeiziehenden Krafträdern feststellen müssen. Trotzdem, eine unglaublich schöne Fahrt durch die Wälder des Mittelgebirges mit seinen in frisches Grün gekleideten Buchenkulturen. An der Weser entlang, hinein nach Nordrhein-Westfalen und am Schwalenberger Wald vorbei haben wir nach etwa 90 Kilometern und bei Temperaturen um die 20 Grad unseren Wochenendparkplatz erreicht.
Die Bezeichnung Parkplatz würde dem aber nicht gerecht werden, denn was sich hier direkt am Schiedersee vor uns auftut, ist schon beachtlich. Stellplätze direkt am Wasser und Freizeitmöglichkeiten soweit das Auge reicht.
Doch bevor die Erkundungstour beginnt, heißt es erst einmal einchecken. Gar nicht so einfach herauszufinden, wo genau das möglich ist. Aber ein paar Wohnmobilisten helfen weiter und wir marschieren in das am Seeufer befindliche Service-Center dieser riesigen Freizeitanlage.
Einen freundlichen Empfang und eine kurze Einweisung später finden wir uns auf einem grünen Streifen mit unverbautem Blick auf den See wieder.
Ein in den 1970er Jahren künstlich angelegtes Gewässer, das mit seiner etwa 3,1 km Länge und bis zu 350 Metern Breite ein perfektes Plätzchen für unser chilliges Vorhaben bietet.
Vom Platzwart erfahren wir, dass neben den touristischen Anreizen vor allem der Hochwasserschutz ein Grund für den Bau des Stausees war. So sei die unterhalb des Sees gelegene Stadt Lügde durch den Hochwasserrückhalt seit dem Bau nicht mehr überflutet worden und besser in der Lage, notwendige Schutzmaßnahmen im Falle eines Falles zu ergreifen. Früher sei sogar ein Wasserkraftwerk integriert gewesen, das allerdings dem Fischbestand zuliebe nicht mehr in Betrieb sei.
Ein echter Typ dieser Platzwart, der früher einmal mit seiner Band als Vorgruppe der Puhdys auf Tour war und noch viele andere Geschichten für uns auf Lager hat.
Der Nachmittag ist nach diesem Pläuschchen und dem Einrichten des Lagers schon weit vorangeschritten. Während sich im Grill die Kohle langsam grau färbt, schauen wir entspannt auf den See, beobachten die Blässhühner beim Tauchen und freuen uns über den niedlichen Nachwuchs der Kanadagänse.
Aber nicht nur das Wasser haben wir genau im Blick, sondern auch den Teil des Seerundwegs, der genau vor unseren Füßen verläuft.
Langweilig wird es bei dem guten Wetter so nicht und ich komme ins Gespräch mit einem vorbeischlendernden Angler aus der anliegenden Kleinstadt Schieder-Schwalenberg. Als ich ihn frage, wie es denn um die Fischgründe hier vor Ort bestellt sei, meint er, früher, als der Stausee quasi ein Teil des Flusses Emmer war, konnte man hier jede Menge Schleien, Zander, ja sogar Hechte an Land ziehen. Mit der im Jahr 2015 gebauten Umflut, also als die Emmer wieder ein eigenes Flussbett bekam und vom See abgetrennt wurde, wäre das jetzt eher ein reines Meditieren als echter Angelsport. Weil es Gewohnheit sei, käme er trotzdem jeden Tag.
Wir können das vollkommen verstehen, denn diese ruhige Lage und der Blick über das Wasser auf die Wälder von Blomberg ist Anreiz genug, sich jeden Tag hier aufhalten zu wollen.
Patty und ich reden noch lange über Gott und die Welt, rutschen immer tiefer in unsere Campingstühle und schauen dem perfekten Sonnenuntergang auf der anderen Seite des Sees hinter den Baumreihen zu. Schöner kann so ein Tag wohl kaum ausklingen. Ein Genussmoment, der uns bis 22:30 Uhr wach bleiben lässt.
So spät ist völlig untypisch für unsere Touren, aber ein Beweis für den hohen Wohlfühlfaktor. Seelig schlummere ich im Bauch meines Transporters ein, bis mich gegen vier Uhr Morgens ein schrilles Geräusch aus dem Schlaf reißt. Eine Gans meinte wohl den Mond mit einem lauten Schrei im Stil einer Vuvuzela verteiben zu müssen und ließ mich senkrecht im Bett stehen. Fuchsalarm? Kann sein, aber so einer Tonfolge hält selbst der hungrigste Meister Reineke nicht stand. Mehr Gedanken dazu sind nicht drin und die Schwerkraft sowie die Zufriedenheit des letzten Tages ziehen mich wieder schnell auf die Matte.
Ich bin verwundert, Patty sitzt noch gar nicht vor seinem Van, als ich morgens aus dem Fenster schaue. Nach genauerem Fokussieren des California erkenne ich aber, dass er seinen Kaffee bereits im Bus einnimmt. Wäre ja zu schön gewesen.
Ich schwinge mich aufs Fahrrad, um frische Brötchen aus dem Service-Center zu organisieren. Die nette Dame hinter dem Tresen meint, wir könnten doch heute vielleicht einmal den Shuttle-Bus nehmen. Der würde uns von hier inklusive Fahrrad direkt zu den Externsteinen, einer sagenumwobenen Sandstein-Felsformation, oder dem Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald fahren.
Ein reizvolles Angebot, doch wir müssen uns heute zunächst einmal hier vor Ort vernünftig orientieren. Deswegen heißt es nach dem Frühstück, in die Pedale treten und ab um das Staubecken. Nachdem wir nach den ersten 400 Metern die Räder eine kleine Treppenpassage hinaufgetragen haben, geht es mit Schwung bergab. Eine wunderschöne Strecke, den See immer zur Seite, genießen wir die Fahrt durch die herrliche Natur von Schieder. An der Staumauer ein kleiner Getränkestopp und dann geht es von der Nordseite gen Westen.
"Genau die richtige Fahrtrichtung ausgewählt, oder Patty?", rufe ich meinem Freund zu, als wir mit leichtem Gefälle über den planen Weg sausen. Die Aussichtsplattform am Emmerweg unterbricht unseren Flow und lockt mit ihren sechs Metern Höhe.
Hier hat man einen prima Blick auf die Emmer und den See, auf dem ein paar Tret- und Segelboote sich durch die leichten Wellen bewegen. Weiter gehts in Richtung Ortschaft an bunten Figuren am Wegesrand vorbei, die von Studierenden der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur gestaltet wurden. Ungewöhnliche, aber sehenswerte "Sitzfische" in einer Kombination aus Betonstrukturen mit Keramikmosaiken.
Gegenüber sind ein paar Meter weiter nun auch langsam unsere Bullis zu erkennen. Kurz vor der Einbiegung zum Stellplatz lockt ein Schild mit der Aufschrift "Schloss Schieder". Eine gute Gelegheit, dem Schlosspark um das zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbaute Schloss mit seinem Barockgarten einen Besuch abzustatten. Letzterer ist der älteste Teil des gesamten Gartens und ist terassenförmig im italienischen Stil angelegt. Eine perfekte Kulisse, um innezuhalten oder um eine Fortsetzung von "Das Erbe der Guldenburgs" zu drehen, jener ZDF-Serie zum Ende der 80er Jahre, deren Schloss für mich in der Erinnerung nahezu identisch aussah.
Im nahegelegenden Supermarkt können wir unsere Getränkevorräte für den Rest des Tages aufstocken.
Voll beladen geht es wieder zum See. Diesmal vorbei am Minigolf im Schlosspark, dem Freibad Schieder, und schließlich in Richtung Stellplatz. Nun wird uns auch zum ersten mal bewusst, in was für einer riesigen Freizeitwelt wir uns hier befinden. Angefangen mit dem Familienpark Funtastico, der von einem weiteren Freibad, über Fahrgeschäfte wie dem Skydive, Bumerang, Dreh-Kraken oder Riesenrad, bis zu einer Schießanlage sowie einem Streichelzoo reichlich Spaß für die jüngere Generation verspricht. Ein kleiner Strand am See lädt ein zum Sonnenbad, und vom Bootssteg aus kann man per Tretboot seine Kreise auf dem Binnengewässer ziehen.
Urlaubsfeeling pur, wenn man den Biergarten des Restaurants "Breitengrad" mit der "MS Schiedersee" am Pier in unmittelbarer Nähe betritt. Schöner kann man so eine Freizeitstätte kaum erbauen. Eine Rundfahrt mit dem 1997 gebautem und 27 Meter langen Fahrgastschiff stand fest auf unserer To-Do-Liste für diesen Tag, doch leider konnte der 200 Personen fassende Kahn aufgrund eines Motorschadens nicht in See stechen. Man kann eben nicht alles haben. Doch das, was wir hier haben, reicht vollkommen. Lediglich die realtiv weite Strecke zum WC würde uns vom Stellplatz aus echte Probleme bereiten, wenn wir unsere Fahrräder nicht dabei hätten. Wie wir erfahren, wird gerade an einem großen Waschhaus gearbeitet und auch ein WC in der Nähe der unteren Stellplätze wurde schon mal in Betracht gezogen. Hier tut sich also immer noch was, obwohl der Platz schon jetzt eine echte Perle des Weserberglands darstellt.
Zurück auf unseren Stühlen verwandeln wir uns zur Jury einer Art Casting-Show. Der Seerundweg wird gerne vom angrenzenden Ponyhof genutzt, um die Kinder mit dem Kleinpferd dort entlang zu führen. Patty und ich kommentieren die Reitkünste der Kleinen immer mit einem Daumen nach oben und bekommen dafür sogar das ein oder andere Lächeln geschenkt. Nebenbei zähle ich die vom anderen Ufer herüberhallenden Kuckucksrufe. Wenn diese Anzahl der meiner weiteren Lebensjahre entspricht, dann kann ich noch wirklich lange solche feinen Touren unternehmen. Ein aktives Kerlchen, dieser kleine, hoffentlich die Wahrheit ausposaunende Brutschmarotzer.
Heute werden wir jedoch, was das Wachbleiben anbelangt, nicht ganz so alt. Noch bevor die Sonne untergegangen ist, kriechen wir auch schon in unsere Kojen. Als die Dunkelheit dann über den Bus hereinbricht, kann ich durch das offene Fenster noch die Rufe eines Habichtskauzes vernehmen. "Schuhu, ins Traumland und zwar im Nu", sollte das wohl heißen.
Mit dem Augenaufschlag kommt mir in den Sinn, zum Wachwerden in den See zu springen, doch ich erinnere mich an die Schilder überall am Ufer, die das Baden in diesem Gewässer nicht erlauben. Schade eigentlich, aber anscheinend kann die DLRG, obwohl sie hier eine Ausbildungsstation betreibt, nicht genügend Personal zur Überwachung des Sees bereitstellen. Dann eben die klassische Dusche und anschließend gleich den Brötchenkurier spielen. Leicht betrübt, da das Ende dieser Tour in Sicht ist, beißen wir in unsere Marmeladen-Schrippe. Patty meint, wir könnten doch jetzt nicht einfach schon losfahren. Viel zu schön sei es hier und eine kleine Fahrradtour wäre doch sicherlich noch machbar.
Der Mann hat recht, noch einmal geht es in den Schlosspark. Diesmal bewundern wird die Baumriesen und die faszinierende Landschaftgestaltung, die der Adel des Hauses Lippe um 1700 hier hat vornehmen lassen.
Ein kleiner Abstecher noch in die Stadt als schöner Abschluss unserer Aktivitäten hier im attraktiven Schieder, dann war es das.
Der Gedanke an die Rückfahrt durch die Wälder dieses Landstrichs versüßt uns jedoch den Abschied ein wenig.
Ein perfektes Plätzchen dort am Schiedersee, das wir garantiert auch einmal zusammen mit unseren Familien besuchen werden.
"Auf Schiederseen", du schöne Urlaubswelt!